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Des freien Noms Steigen und Sinken. 117
Einen noch deutlichem Beweis von Roms sittlichem Verfalle
lieferte der Krieg gegen Jugurtha, König von Numidien.
Verratherisch hatte dieser feine Neffen, Adherbal und Hiempsal,
aus dem Wege geräumt und das Reich an sich gerissen. Rom
wollte die Sache der Unterdrückten führen, schickte Heere nach ii?
Afrika, welche 8 Jahre hindurch, wegen der Bestechlichkeit der *>• ei>
Feldherren und der Zügellosigkeit der Soldaten, schimpfliche Nieder¬
lagen erlitten, bis endlich der erfahrene und strenge Qu. Cacilius
Metellus mit der wieder hergestellten Kriegszucht auch den Sieg
zu den römischen Waffen zurück brachte. Beinahe hatte er den 109
Krieg geendigt, da erschlich sich sein Unterfeldherr, Caj. Marius,
aus dem Bauernstände abstammend, den Oberbefehl, bekam den
Jugurtha in seine Gewalt und feierte zu Rom einen herrlichen
Triumph wegen des glücklich beendigten jugurthinischen
Krieges. Doch hier ward der Saame zu den blutigen Bürger¬
kriegen ausgestreut, denn sein Quästor C. Sulla, ein Patricier, ioe
hatte des Jugurtha Gefangennehmung durch deffen Schwiegerva¬
ter Bocchus, König von Mauritanien, bewirkt, was ihm der
eifersüchtige Marius nie verzieh, und der Zunder bitterer Feindschaft
lag nun in verhängnisvoller Bereitschaft.
Ein neuer Feind erschien an den römischen Grenzen, die
Cimbern und Teutonen; fünf römische Heere waren bereits
von ihnen geschlagen und schon gedachte man zu Rom der Zeiten
Hannibals. Da ward Marius der Retter des Vaterlandes durch
seinen Doppelsi'eg über die Teutonen bei Aqua Sextia (Ast) 102
und über die Cimbern bei Verona. Der Bund esgen0s- i,,i
scn krieg erschütterte hierauf Italien, indem die eroberten Staa¬
ten bei den gleich über sie vertheilten Lasten auch die ihnen bis 90
jetzt -verweigerten Ehren und Würden verlangten, und dieses ihr
Verlangen mit den Waffen in der Hand geltend machten. We¬
der Cnej. Pompejus, der Vater, noch Marius und Sulla konn¬
ten die unter der Anführung des Silo Popadius tapfer
kämpfenden italischen Bundesgenoffen zur Ruhe zwingen und der
Senat mußte endlich ihre gerechte Forderung bewilligen. 88
Der Krieg gegen Mithra-dates, König von Pontus
(s. §. 22.), welcher durch eine weit verbreitete Verschwörung 150,000,
nach andern 80,000 Römer an einem Tage in den verschiedenen
asiatischen Provinzen hatte niedermetzeln laffen, brachte auch den
glimmenden Brand der Bürgerkriege zum Ausbruche. Die
Führung des mithradatischen Kriegs ward dem Sulla übertragen;
Marius, selbst als Greis noch vom Ehrgeize gestachelt, verband
sich mit dem Tribun P. Sulpicius, in deffen Solde 3000 Gla¬
diatoren standen, und nöthigte den Senat ihm jenen Oberbefehl
zu verleihen. Sulla, nicht gemeint vom Platze zu weichen, verei¬
nigte sich mit seinen Legionen zu Nola, führte sie nach Rom,
richtete ein fürchterliches Blutbad unter den Anhängern des Ma-