Full text: Lehrbuch der allgemeinen Weltgeschichte für höhere Bildungsanstalten und Gymnasien

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Achter Zeitraum. 
war Urban VI. in Rom gewählt worden. Dieser trat feindselig 
1378 wider Johanna I. auf, weil er besorgte, ihr deutscher Gemahl 
möchte deutsche Hülssvölker herbeirufen, darum stellte er in Karl 
von Durazzo einen Gegenkönkg auf, Johanna aberschloß sich 
an Clemens VII. an, durch welchen sie den Herzog Ludwig von 
Anjou, den Bruder des Königs Karl V., zu ihrem Erben und 
Nachfolger ernannte. Hierauf gründeten nachmals die 
französischenKönige ihre vermeintenAnsprüche auf 
das Königreich Neapel. Des Volkes Stimme sprach sich 
entschieden für den eingeborenen Durazzo aus, darum blieben seine 
Waffen siegreich; Johanna gerieth in seine Gewalt, und auf den 
LZ82 Rath des Königs von Ungarn ließ er sie mit einem Federkiffen er¬ 
sticken. Als Karl 111. (1382 — 8n) bestieg er den nun erle¬ 
digten Thron. Noch war das viel bewegte Reich nur schwach be¬ 
ruhigt, da ward ihm die Krone von Ungarn angeboren, deren' man, 
nach Ludwigs des Großen Absterben, vor allen ihn würdig glaubte. 
Wider den Rath der Bessern und Einsichtsvollecn nahm Karl das 
ungerechte Geschenk an, denn die rechtmäßige Erbin, Maria, ward 
dadurch verdrängt, und er fand den bittern Lohn, welcher dem 
Unrechte stets folgt, denn er siel durch Meuchelmord in seiner 
1386 neuen Residenz Ofen und betrat den heimischen Boden nicht wie- 
,386 der. Sein unmündiger Sohn Ladislaus ward sein Nachfolger 
— unter der Vormundschaft seiner Mutter Margaretha. Eine höchst 
1414 unglückliche Regierung, während welcher die Unterthanen zuerst 
^ unter der Habsucht der Regentin und dann unter dem wilden Un¬ 
gestüm des jungen Königs seufzten. Zerrüttete Finanzen, verödete 
Felder, Stillestand des Handels, Verfall aller wissenschaftlichen 
1414 Anstalten, beurkundeten den Unsegen der Regierung dieses Königs. 
Seine Schwester, Johanna II., folgte ihm auf dem Throne 
,4i4 in Ermangelung anderer Erben. Aller Zucht und Weiblichkeit 
— 35 Hohn sprechend, entrüstete sie die Vornehmsten des Hofes und 
^*21 Reichs so sehr, daß diese einmüthig von ihr forderten, sie müsse 
sich vermahlen. Johanna gab nach und wählte Jacob von Bur- 
[ 1415 bon, Grafen de la Marche, zum Gemahl, doch sollte er nur den 
Titel eines Generalstatthalters führen. Allein in Neapel angelangt, 
nahm er, mit Beihülfe einer Partei, den Titel eines Königs an, 
behandelte die Königin mit Harte, schickte ihre Günstlinge aufs 
Blutgerüste und hielt sie selbst in enger Gefangenschaft. Bald 
erwachte das Mitleid für die noch vor Kurzem gehaßte Fürstin, 
sie benutzte diese Stimmung zu ihrer Befreiung, Jacob sah sich 
4ig verlassen und kehrte nach Frankreich zurück, die Stille eines Klo¬ 
sters dem nichtigen Glanze einer Krone vorziehend, Johanna aber 
,42i ernannte Alfons V., König von Aragonien, zu ihrem Nach¬ 
folger. Wankelmüthig änderte sie nachmals ihren Entschluß und 
erklärte, Ludwig von Anjou solle ihr Erbe seyn; ein abermali- 
1424 ger willkommener Vorwand für die französischen Könige zu spatem
	        
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