4
beiden mehr und mehr heraus; das Ansehen der ersten stieg insonderheit durch die
Zahl der Leute, welche in irgend einemDienstv er bände zu ihnen standen, und
durch die Anzahl der leibeigenen Knechte. Die Schutzbefohlenen siedelten sich
in der Nähe des Herrenhauses an, um sowohl des Rufes, der an sie erging, gewär¬
tig, als des schnellen Beistandes, dessen sie selbst bedurften, gewiß zu sein. So
entstanden die Dörfer um das Gut oder die Burg der Edeln.
Aber der Ackerbau war noch unbedeutend. Wald, Heide und Moor bedeckten
das Land. Bon dem Flachsbau findet sich indes schon manche Spur. Städte
kannte man noch nicht.
Noch immer beteten sie zu den alten Göttern auf geweiheten Höhen und in
heistgen Hainen, und es war niemand, der hierin eine Veränderung wünschte oder
herbeiführen mochte. Zwar erschienen schon im achten Jahrhundert n.Chr. auch in
den sächsischenBundesländern Lehrer des Christenthums; der berühmte Winfried
oder Bonifacius, welcher den Ehrennamen eines Apostels der Deutschen erhielt,
ließ bei Hofgeismar unweit Göttingen die heilige Wodanseiche umhauen und soll
auch Lei Osterode dem Dienste der Ostar Einhalt gethan haben; indes fanden
diese Sendboten in unseren Gegenden wenig Neigung, die alten Feste und Gebräuche
aufzugeben, die alten Götter zu verlassen. Unter den Friesen fand Winfried so¬
gar im Jahre 755 den Tod.
Die Einführung der christlichen Religion und die damit zusammenhängende
Umgestaltung heimischer Einrichtungen geschah erst durch Karl den Großen.
2. Karl der Große und die Sachsen.
Ein Hauptaugenmerk Karl's des Großen war, die Sachsen im
Glauben wie in der Verfassung mit den übrigen Deutschen zu einigen,
auf daß alle Deutsche fortan nur Glieder eines Leibes würden. Aber
das edle Volk der Sachsen vertheidigte seinen alten Glauben immerfort
um der heiligen, alten Freiheit willen, und hat für alle Zeiten ein Bei¬
spiel gegeben, was ein Volk kann, wenn es nur will.
Die Sachsen lebten noch nach der uralten deutschen Verfassung, und
die Tapfersten unter ihnen sammelten große Gefolgschaften um sich und
brachen oft auf Abenteuer ausziehend ins Land der verhaßten Franken
ein. Dafür mußte das ganze Volk mitbüßen. Schon ein Jahr vor dem
Kriege gegen die Langobarden war Karl gegen die Sachsen ins Feld ge¬
zogen, und zwar so unvermuthet, daß sie dem Ueberfall nicht widerstehen
konnten. Da mußte ihre starke Beste Eresburg an der Diemel (in der
Gegend, wo heutzutage Stadtberg liegt) das Thor öffnen, und Karl legte
zum Trutz wider sie fränkisches Volk hinein ; ihr Heiligthum, die Jrmen-
säule, wurde zerstört. Bis an die Weser kam der siegreiche Karl, dort
friedete er mit ihnen, daß sie ihm Geiseln gaben. Aber als er aus ihrem
Lande wieder fortgezogen war, ergrimmten sie vor Scham, daß er so
leichten Kaufs sollte gewonnen haben, und wählten sich tapfere Heerführer
zum Kampfe um die Freiheit. Die Edelsten von diesen waren Alboin