Full text: Lehrbuch der allgemeinen Weltgeschichte für höhere Bildungsanstalten und Gymnasien

Griechenland. 
75 
leicht sich auch einen Antheil an der reichen Tempelbeuke wünschten, 
unterstützt wurden. Die durch jenen Raub in dem 10jährigen 
heiligen Kriege in Umlauf gesetzten Gelder und vermünzten golde¬ 
nen und silbernen Geschirre wurden zu 15 Millionen Thalern 
gerechnet, was ein Sinken des Geldwerthes in Griechenland verur¬ 
sachte. Bedrängt und allmahlig erschöpft baten die Thebanec den 
König Philipp um Hülfe, welche er ihnen, Ln Verein mit den 
Thessaliern, sehr bereitwillig leistete. Die Phocier unterlagen end¬ 
lich, Philipp erntete den Ruhm diesen Krieg beendigt zu haben, 34g 
ward in den Bund der Amphiktyonen ausgenommen, erhielt in den v. CH-. 
Berathungen zwei Stimmen, nebst dem Schirmrechte von Delphi 
und den Vorsitz und die Leitung bei den pythischen Spielen; nichts 
konnte jetzt in Griechenland ohne ihn geschehen; er war demnach 
seinem Ziele sichtlich naher gerückt. 
Demosthenes, der mit heldenmüthiger Beharrlichkeit gegen 
die eigene, widerstrebende Natur ankämpfte, bis er ein Redner 
ward, ließ nicht ab, seine Mitbürger vor Philipps verdeckten An¬ 
schlägen auf Griechenlands Freiheit zu warnen, während dessen 
heimlich gespendetes Gold an Hohe und Niedere ihm eine starke 
Parthei in Athen und Sparta erkaufte. Nur Phocion stimmte 
immer für den Frieden, seine ausgearteten Mitbürger richtiger, als 
Demosthenes, würdigend. Die Amphiktyonen selbst trugen Philipp 
auf, die Rechte der unterdrückten Peloponnesier gegen Sparta's 344 
Anmaßungen zu schützen, und so landete ec in Lakonien, und Ar- eh. 
gos, Messene, nebst Arkadien wurden unabhängig. Bei Ehäro- 
nea, an der Grenze von Böotien, wo die Beredsamkeit des 
Demosthenes den Athenern auch Streiter aus Euböa, Theben, 
Megara, Korinth, Achaja, Leukas, Korcyra, beigesellt hatte, kam 
es endlich zur offenen Schlacht, in welcher Philipp den Sieg da- 338 
von trug, vorzüglich durch seinen Phalanx, einen Haufen von 8000 ^ er>; 
Mann, zu 500 Mann Breite und 10 Mann Tiefe so dicht auf- 
gestellt, daß die Lanzen des fünften Gliedes zwischen der vordersten 
Reihe noch drei Fuß hervor ragten. Griechenlands Freiheit ging 
zu Grabe, doch bewies Philipp Milde. Ec ließ sich zum Befehls¬ 
haber aller Hellenen ernennen und beschloß einen Zug gegen 
Persien, dessen Ausführung aber seinem Sohne Alexander vorbe- ^ 
halten blieb, denn Philipp siel durch die Hand eines Hauptmanns 33fi 
seiner Leibwache, Namens Pausanias, nicht ohne den Verdacht gi; 
einer Verschwörung, welche von dem persischen Hofe, oder von 
Olympias, der verstoßenen Gemahlin Philipps, vielleicht unter 
Mitwissenschaft ihres Sohnes Alexander, ausgegangen war. 
Wunderbar vereinigten sich in Philipp die Laster und Rohheiten 
eines Barbaren mit der Empfänglichkeit für Edles, Erhabenes und 
Schönes, welche sonst nur die Frucht innerer Bildung und ächter 
Gesittung zu seyn pflegt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.