Full text: Geschichte der Griechen und Römer (Cursus 2)

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Hephàstos ist demgemäß ein Sohn des Zeus und der Hera; 
als jener aber bei einem Streite der beiden Himmelsmächte der 
Mutter beistehen wollte, packte ihn der Vater bei dem Fuße und 
schleuderte ihn vom Olymp auf die Erde herab. Seitdem ist 
Hephästos lahm (die hinkende Bewegung soll wohl die flim¬ 
mernde Natur des Feuers bezeichnen). Den Menschen aber ist der 
Feuergott der größte Wohlthäter, der sie aus den Höhlen der 
Berge in die Häuser geführt und sie die Anfänge jeder Kunst 
gelehrt hat. Er wurde daher als Stifter des Familienlebens und 
der Civilisation überhaupt verehrt. Zugleich ist er selbst der vor¬ 
züglichste Feuerkünstler, ein rüstiger Schmied, der seine Werkstät¬ 
ten in vulkanischen Bergen hat/besonders in dem Aetna, wo er 
von seinen Gehilfen, den drei Ky kl open (Personificationen des 
Blitzes und Gewitters), umgeben, dienstwillig für Götter und 
Heroen unübertroffene künstliche Arbeiten verfertigt. 
f) Hestia ist die Göttin des Feuerheerdes insbesondere, in 
dieser Beziehung die weibliche Seite des Feuergottes, tritt aber 
gegen Hephästos durch ihre vorherrschend ethisch-geistige Bedeu¬ 
tung als Stifterin und Pflegerin menschlicher Gesittung ganz in 
den Vordergrund, namentlich bei dem ionischen Stamme und in 
Athen. H estia hat nach der Mythe den Bau der Häuser erfun¬ 
den, d. i. sie hat die Menschen zuerst um einen festen Sitz, den 
Heerd, vereinigt, indem jene vom unruhig unrherschweifenden 
Hirtenleben zu einem ruhigen und seßhaften Leben, zum Ackerbau 
übergingen. H Sie ist darum die Hüterin des Familienlebens; 
der Heerd mit dem darauf lodernden Feuer ist ihr heilig. Denn 
der Heerd ist der Mittelpunkt der Familien, der diese zusammen¬ 
hält und ihr Bestehen sichert. Der Fremde, der am Heerde sich 
niedersetzte, stand gleichsam als ein neu eintretendes Glied der 
Familie unter dem Schutze des Hauses. — Aus den Familien erbaut 
sich der Staat. Die Hestia wurde darum auch als Gründerin 
und Hüterin der staatlichen Vereine verehrt. In den Rath¬ 
häusern stand der gemeinsame Heerd (¿<ma xoiv-fy éaxia ttoXeok), 
wo ein ewiges Feuer unterhalten wurde. Bei diesem Heerde 
versammelten sich die Vorsteher des Volkes zu gemeinsamen Be¬ 
rathungen; im Prytaneum zu Athen wurde je ein Theil der 
Prytanen am Staatsheerde gespeist, zugleich mit solchen Bürgern, 
die um das Gemeinwesen sich besondere Verdienste erworben 
hatten, und mit den fremden Gesandten, die mit dem Ein¬ 
tritt in die Stadt unter dem Schutze der gemeinsamen Hestia 
standen. — Nach schönem Gebrauche pflegten die auswandernden 
Colonisten vom Gemeinheerde der Mutterstadt das Feuer für 
ihre neue Gründung mitzunehmen. 
g) Ares (der Name hängt mit «psto? zusammen) ist der 
i) Der Name Hestia von eÇofAcu bedeutet die „ruhig Sitzende.
	        
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