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Sicilien; weil aber Dion nicht zurückberufen wurde, ging er wieder in
seine Akademie nach Athen zurück. Hier fand er seinen Freund Dion, der
durch liebenswürdige Sitten und einen edlen Charakter alle Griechen für sich
gewann. Mehre Jahre verweilte Dion in Athen; als ihm aber Dionysius
alle Güter entzog, ja selbst seine Gattin zwang, eine andere Ehe einzu¬
gehen, und überhaupt, von den bösen Rathschlägen der Höflinge hingerissen,
ganz unerträglich gegen die Bürger von Syrakus wüthete, sammelte Dion
eine Schaar muthiger Griechen, mit denen er nach Sicilien fuhr und, mit
Jubel von dem Volke empfangen, in die Stadt einzog, als eben der Ty¬
rann in Unteritalien abwesend war. Dion behauptete sich auch nach der
Rückkehr des Dionysius durch die Liebe des Volkes und begann schon
auf den Rath Plato's, eine freie und gesetzmäßige Negierung in Sy¬
rakus einzurichten, als er von einem heimtückischen Griechen, der sich sein
Vertrauen erschlichen hatte, ermordet wurde. Nun bemächtigte sich wohl
Dionysius wieder der Stadt, allein die Syrakusaner, die nun schon
einmal das Glück einer besseren Negierung gekostet hatten, wollten ihn
nicht haben und riefen den Timo leo n, einen Corinthier, zu Hilfe, der
den Tyrannen seiner Vaterstadt, obgleich dieser sein eigener Bruder
war, aus dem Wege geräumt und die verlorene Freiheit wiederherge¬
stellt hatte. Timoleon kam, nahm die Stadt ein und sandte den Tyran¬
nen Dionysius, aller seiner Schätze und Würden beraubt, nach Corinth,
wo es ihm wohl zu Statten kam, daß er in seiner Jugend Etwas gelernt
hatte, denn entblößt von allen nothwendigen Lebensbedürfnissen, mußte er
sein Leben durch Unterricht kleiner Kinder fristen. Indessen lebte Plato
noch viele Jahre in Athen in anständiger Wohlhabenheit, um so mehr, da
bei den Griechen die Gelehrten oft reichlicher belohnt wurden, als in unseren
Tagen. Die Schüler zahlten für den ganzen Lehrgang einer Wissenschaft
gewöhnlich eine ansehnliche Summe; so war z. B. der Ehrensold, den der
Philosoph Protagoras sich von jedem einzelen Zuhörer zahlen ließ, nicht
weniger als 100 Minen (ungefähr 2000 Thaler unseres Geldes). *) Plato
war zwar eben so uneigennützig, als Sokrates, und nahm kein Lehrgeld,
allein die Geschenke ganzer Staaten, denen er Rathschläge ertheilte (beson¬
ders auch von Dion und Dionysius), reichten hin, ihn, der mäßig zu leben
gewohnt war, reich zu machen, so daß er zwei Landhäuser und ein ansehn¬
liches Vermögen in Geld hinterließ. Unter seinen Zuhörern waren auch
Frauenzimmer; zwei derselben sind uns namentlich bekannt: Lasthenia
und Axiothea. Plato's Lehre war aber auch ganz so beschaffen, daß sie
*) Daß cs aber auch bei den Griechen Leute gegeben hat, welche den Werth
der Wissenschaft und einer guten Erziehung nicht zu schätzen wußten, mußte schon
Aristippus, auch ein Schüler des Sokrates, erfahren. Zu diesem Philosophen kam
einst ein Mann und bat ihn, seinen Sohn zu unterrichten; als aber jener 500 Drach¬
men begehrte, versetzte er: Um diesen Preis kann ich ja einen Sklaven kaufen. Da
antwortete der Philosoph: Ganz recht, kaufe dir einen, sodann hast du zwei.