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cana und Spoleto. Unter griechischer Herrschaft standen noch die
Herzoge von Ben event und Capua mit dem übrigen Unter-Italien.
Die Inseln waren meist von den spanischen Arabern erobert worden. Mit¬
ten unter den Fürsten Italiens ragte der römische Papst hervor. Er war
freilich ein Vasall des Kaisers, allein die Entfernung desselben von Italien
machte es ihm leicht, sein Ansehen zu vergrößern und gleich einem welt¬
lichen Fürsten über die ganze Halbinsel zu gebieten. Dabei kam es ihn,
sehr zu Statten, daß er in kirchlichen Angelegenheiten schon die Gewalt über
die ganze europäische Christenheit hatte. Abwechselnd strebten aber auch
einzele Herzoge nach der Oberherrschaft und ließen sich zu Königen von
Italien krönen. Oft standen zwei Könige auf einmal gegen einander auf,
bis endlich die Ottone, als römische Kaiser und Könige von Italien, die¬
sen Wirren ein Ende machten. Allein dieses Eingreifen der Deutschert
konnte den Welschen nicht genehm sein; wir haben gesehen, mit welcher
Hartnäckigkeit sie sich gegen dieses beschwerliche Lehensjoch stemmten. Am
wenigsten mochten die Päpste dasselbe tragen, und seit den letzten Zeiten
der Karolinger war ihr Bestreben, vorn deutschen Könige sich uitabhängig
zu machen, mit dem besten Erfolge begleitet. Mußten doch die Fürsten
oft genug bei der Kirche Schutz suchen, um den Angriffen von äußeren
Feinden und den Anmaßungen mächtiger Vasallen zu widerstehen. Halfen
sie doch, immer ländergicrig und mißtrauisch gegen einander, wenn es galt,
die gegenseitige Macht zu brechen und einander zu demüthigen. Die ersten
durchgreifenden Schritte, als Folgerungen und Resultate der bisherigen Be¬
strebungen des päpstlichen Stuhles zu unumschränkter Hoheit in Staat und
Kirche, that Nicolaus I., welcher vom I. 8.78 bis 867 regierte und
zuerst unter allen Päpsten gleich einem weltlichen Fürsten mit einer Krone
(Tiara) feierlich sich schmückte. Bei seiner Krönung verrichtete Kaiser
Ludwig IT. die Dienste eines Stallmeisters. Die erste Veranlassung, die
Hoheit über das weltliche Oberhaupt geltend zu machen, fand Nicolaus
darin, daß sich der König Lothar von Lothringen, um eine andere Frau
zu nehmen, von seiner Gattin Teutberga scheiden lassen wollte. Wirk¬
lich vollzogen auch die lothringischen Bischöfe die Scheidung, doch Nicolaus,
an welchen sich die Verstoßene gewendet hatte, erklärte sich dagegen und
nöthigte den König mit Androhung des Bannes, Teutbergen wieder zur
Frau zu nehmen. Dieß ist das erste Beispiel einer gegen ein gekröntes
Haupt ausgeübten geistlichen Gewalt. Daß dieser und mancher andere
päpstliche Gewaltstreich lediglich den besonderen Zeitverhältnissen das Ge¬
lingen verdankte, erhellt namentlich daraus, daß der Nachfolger des Nico¬
laus, Papst Hadrian II., der in dem Geiste seines Vorgängers für Lud¬
wig II. und gegen Karl den Kahlen handeln wollte, sehr ernst und nach¬
drücklich zurückgewiesen wurde. Dagegen gelang es dem Nachfolger Ha-
drian's, dem Papste Johann VIIl., Karl den Kahlen, trotz der Wider-
jprüche Ludwig's des Deutschen, zum Kaiser zu krönen und ohne Rückhalt
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