Neuere Geschichte.
Von Luther bis auf unsere Zeiten.
Vom Z. 1517 bis 1847.
§♦ 1. Eingang.
9^icht in dem Grade, wie die mittlere Geschichte von der alten ver¬
schieden ist, kann sich von jener die neuere Geschichte unterscheiden,
da diese eigentlich nur eine unmittelbare Fortsetzung jener ist. Neue Völker
treten nicht auf, auch die alten Staatseinrichtungen, das Lehnwesen, die
Hierarchie, das Christenthum mit der scholastischen Philosophie und manche
andere Zustande der vergangenen Zeit dauern zu Anfang dieses Zeitraumes
noch immer fort, ja sie bestehen, obschon an ihnen viel geändert und ver¬
bessert worden ist, zum Theil noch in unserer Zeit fort. Wenn die Mensch¬
heit im Mittelalter mehr der Sinnlichkeit, mehr den Gefühlen folgte, als
dem Verstände, wenn dieser aber doch auch seine natürlichen Rechte nach
verschiedenen Seiten hin, im Staate wie in der Kirche, geltend zu machen
begonnen hatte, so erhielt er in der neuen Zeit einen überwiegenden Ein¬
fluß und schritt an der Hand der Wissenschaft und eines geläuterten reli¬
giösen Glaubens mit unglaublicher Schnelligkeit im Guten vorwärts. Von
den Ursachen der erwachten Vernunftthätigkeit und neuen religiösen Ent¬
wickelung haben wir schon in der Geschichte des Mittelalters gesprochen;
die verschiedenen neuen Erfindungen, die Eroberung von Constantinopel
und die Auswanderung der gelehrten Griechen nach West-Europa, die See¬
reisen und die Entdeckungen neuer Länder, das Wiederaufleben und die eifrige
Pflege der Wissenschaften u. s. w. trieben den Menschengeist zum Denken
und Forschen. In der menschlichen Natur und der zum Bewußtsein er¬
wachten Vernunft liegt aber auch das Streben, nach allen Seiten hin un¬
gehindert zur Erweckung öffentlicher und häuslicher Wohlfahrt thätig sein,
der Menschenwürde gemäß leben zu können. Dieses Streben schließt eine
natürliche Freiheit in sich; es war wohl auch schon im Mittelalter
sichtbar, doch nur bei dem Adel und dem Bürgerstande, jetzt regte es sich
Weltgeschichte. III. I