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Messen, Oratorien, Requiem u. dgl. Musikstücke. Unter den Meistern
stehen Paleftrina, Allegri, Bai, Pergholcse oben an; mit der Gluth
ihrer Empfindung schufen sie Melodien, die nie veralten und heute wie
damals zu allen fühlenden Herzen sprechen. In die Kirchengesänge meng¬
ten sich aber auch heidnische Mythen ein; nun entstand zuerst die sogenannte
weltliche Musik, die man nicht mehr in der Kirche, sondern im Theater
aufführtc, und im I. 1600 erschien die erste Oper Eurydice von Peri.
Kleinere Tonstücke oder solche, die ohne Begleitung der Poesie Empfindun¬
gen darstellten und sich nicht zur theatralischen Vorstellung eigneten, wur¬
den in den sogenannten Concerten gespielt. So erhielt die Musik, in¬
dem sie aus den düsteren Domen hinaus in die Welt wanderte, den hei¬
teren und lebensfrischen Umschwung, durch welchen sie allmälig die eigentliche
Kunst der neueren Zeit geworden ist.
Nächst Italien war noch immer Spanien (und wohl auch Portu¬
gal) — das schöne Land der Pyrenäen — das Land der Lieder und
Künste. War ja doch die Verbindung Spaniens mit Italien, seit Nea¬
pel dem Hause Habsburg anheim gefallen war, so enge, daß durch See¬
fahrt und Handel beide Länder ein Land auszumachen schienen. Dort blüh¬
ten Malerei, Sculptur und Baukunst fast wie in Italien und die
Musik war so allgemein, daß der gemeine Mann und die Landmädchen
zur Guitarre ihre frohen Lieder sangen. Unter den Dichtern leuchten aus
dieser Zeit Miguel de Cervantes, Verfasser des Don Quixote, —
dieses lachenden Zeitgemäldes, — Lopez de Vega, ein höchst fruchtbarer
Schauspieldichter, welcher gegen 1800 Schauspiele schrieb, und Calderone
de la Barca hervor. Letzter verdient als einer der größten Dramatiker
jener Zeit besonders erwähnt zu werden. Nach fleißigen Studien auf der
Universität Salamanca nahm er Kriegsdienste; auf seinen Feldzügen in
Italien und in den Niederlanden schrieb er seine herrlichen Schauspielerin
welchen seine überreiche Phantasie eine neue schöne Welt cröffnete, die noch
immer der neuesten Zeit Staunen und Bewunderung abgewinnt. König
Philipp IV. von Spanien ernannte ihn zum Marschalle der Festlichkeiten
und Schauspiele; doch schon in seinem 52. Jahre zog er sich vom Hofe
zurück und wurde Geistlicher, ohne jedoch der dramatischen Muse zu ent¬
sagen. Wie groß der Zauber seiner Kunst gewesen sei, zeigt der Umstand,
daß sogar die Inquisition über manches seiner freigesprochenen Worte schwieg;
durste er doch z. B. in seinem wunderthätigen Magus sagen:
Denn cs ist nichts abgeschmackter,
Als ein Prozessionentag,
Wo's nur Gaukler giebt und Pfaffen.
Er starb im I. 1686.
Diese herrlichen Sänger Spaniens waren aber auch die letzten, die
ein freies Wort wagen durften. Mancher edle Mann mit zartfühlendem
Herzen und tiesschauendem Blicke ist nach der Zeit in den Kerkern der