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gelegenheiten einleiteten, besprachen oder vorbereiteten. Hier war es, wo
Buonaparte eingeführt und zuerst näher bekannt wurde, so daß er den
ehrenvollen Oberbefehl der Armee von Italien erhielt, der ihn dann zum
Manne des Volkes und der Republik erhob. Im I. >766 vermählte er
sich mit Joseph ine, und in seinen Briefen, die er damals aus Italien
an sie schrieb, spricht jede Zeile, wie der Mann, der von Siegen zu Siegen
eilte, sie innig liebte. Er nennt sie nie anders, als mío dolce amor!
und in einem Briefe schrieb er u. A. „Du bist der einzige Gedanke
meines Lebens. Wenn ich von dem Wirrwarr der Geschäfte gelangweilt
bin, wenn ich deren Ausgang fürchte, wenn die Menschen mich anekeln,
wenn ich nahe daran bin, das Leben zu verwünschen, dann leg' ich die
Hand an mein Herz, dein Bild lebt darin. Zu leben für Iosephine,
dieß ist die Geschichte meines Lebens!" Als Napoleon nach dem Frieden
von Campo Formio zurückkam, war sie sein Engel des Friedens, denn im
Directorium und im Rache der Alten und Jüngeren regten sich gefährliche
Anschläge gegen den Sieger. Sie vermittelte, sie beschwichtigte, sie rettete
wahrscheinlich sein Leben. Er ging nach Aegypten; als er bei seiner Rück¬
kehr das Directorium stürzte und Cónsul wurde, lebte sie anspruchlos nur
der Erziehung ihrer Kinder Eugen und Hortensia. Buonaparte,
nun mächtig genug, schien ihre Nathschläge leicht entbehren zu können.
Seine Erhebung zum Kaiser betrübte die Republikanerin mehr, als öffent¬
lich bekannt worden ist; sie sah mit Angst den geliebten Mann die schwin¬
delnde Höhe hinanklimmen. Ihre Tochter Hortensia, mit dem Könige
Ludwig von Holland vermählt, war an natürlicher Bescheidenheit und
Gesinnung der Mutter ähnlich; ihr Sohn, der Vicekönig Eugen von
Italien, war der edelste der Napoleoniden; beide Kinder waren Iosephinen's
Stolz und ihr Mutterglück erhob sie weit über allen Glanz des neuen
Kaiserhofes. Und diese Frau konnte Napoleon verstoßen! Dennoch lebte
sie auch in der Zurückgezogenheit, in dem stillen Malmaison, nur für
ihn. Hier erlebte sie auch den Fall Napoleon's. Die verbündeten
Monarchen, vorzüglich Kaiser Alexander, erwiesen ihr während des
Aufenthaltes in Paris die größte Hochachtung; als sie aber einen Brief
von Napoleon erhielt, welcher ihr Murat's Verrätherei anzeigte, brach
ihr die Größe der vielen schmerzlichen Erfahrungen das Herz! Ihre Kinder
segnend, mit einem Blicke auf die Büste des Kaisers, starb sie am
29. Mai 1814. Ihre letzten Worte waren: „Ich darf sagen, daß durch
mich nie eine Thräne geflossen ist!" itnb bis heute hat noch keine Stimme
Frankreichs diese Worte widerlegt. Ihre Tochter Hortensia blieb Napo¬
leon treu, als er fast schon von Allen verlassen und verrathen worden
war. Dasselbe gilt von seiner edlen Schwester, der Fürstin Pauline
Borghese. Die Schicksale dieser Frau sind Episoden eines großen Hel¬
dengedichtes; vielleicht war sie unter den Geschwistern Napoleon's diejenige,
die ihm an Muth und Größe des Gemüthes und Geistes am Nächsten