Full text: Neuere Geschichte (Theil 3)

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nennen, ist doch die Lehre nicht mein. Ich bitte daher, man wolle meines 
Namens schweigen, und nicht sich lutherisch, sondern Christen nennen. 
Laßt uns tilgen die parteischen Namen! laßt uns Christen 
heißen, deß Lehre wir haben! ich bin und will Keines Meister sein." 
Eben so äußerte Melanchthon: „Wir haben den Verein der katholischen 
christlichen Kirche von Herzen lieb, und tadeln mehr nicht, als etliche Mi߬ 
bräuche des Gegentheils. Wir sind also von der katholischen christlichen 
Kirche nicht abgewichen, sondern haben allein die Mißbräuche fahren lassen, 
und sind vielmehr aus ihrer Mitte gestoßen worden durch gewaltsame Be¬ 
fehle, Bann und neue Verbitterung." 
Darauf trat Luther öffentlich aus dem Mönchsorden und vertauschte 
die Augustiner-Kutte mit einem schwarzen Kleide, wie man es damals am 
Hofe trug, und wozu ihm der Kurfürst das Tuch geschenkt hatte. Auch 
seine bisherigen Ordensbrüder in Wittenberg verließen das Kloster, und 
wurden theils Landpfarrer, theils Schulmeister; das Kloster in Wittenberg 
selbst übergab Luther feierlich dem Landesherren, mit der Bitte, es zu einem 
anderen gottesdienstlichen Zwecke zu verwenden. Gleiches geschah auch mit den 
übrigen Mönchs- und Nonnenklöstern, aus welchen die meisten Mitglieder 
freiwillig noch vor Aufhebung derselben in's bürgerliche Leben zurücktraten. 
Hier und da fand indeß die Aufhebung der Klöster auch Widerspruch, nament¬ 
lich weigerte sich die Aebtissin des Klosters Nimptsch (Nimbschen), ihr Klo¬ 
ster zu öffnen und die Nonnen zu entlassen, und weil weder Luther noch 
der Kurfürst irgend einen Zwang zulassen wollten, mußten die Nonnen, welche 
größtentheils schon entschlossen waren, auszutreten, sich schriftlich an ihre 
Verwandten wenden, um befreit zu werden. Ein junger Bürger aus 
Torgau, dessen Schwester unter diesen Nonnen war, kam verabredeter Weise 
in finsterer Nacht mit einem Wagen an die Hinterpforte des Klosters, und 
empfing neun Nonnen, welche auf ein gegebenes Zeichen herauskamen, und 
packte sie, da er durch die Länder des Herzoges Georg von Sachsen 
reisen mußte, in Tonnen. Mit dieser Ladung kam er nach Wittenberg und 
übergab dort die Nonnen dem Doctor Luther, weil er hoffen konnte, daß 
dieser sie in Schutz nehmen werde. Luther vertheilte die Fräulein in die 
achtbarsten Familien seiner Freunde, zu denen z. B. der damalige Bürger¬ 
meister Philipp Neichenbach gehörte, und verheirathete alle bis auf 
Katharina von Bora, welche einen Antrag zur Verehelichung mit dem 
Prediger Caspar Gl atz von sich wies. Luther beschloß darauf, sie zur 
Gattin zu wählen und führte den Beschluß mit ausdrücklicher Genehmigung 
seines noch lebenden Vaters rasch aus. Die Vermählung wurde darauf 
auf's Fröhlichste vollzogen (IÜ. Juni 1525) und Luther, der schon früher 
seinen Augustiner-Brüdern die Ehe angerathen hatte, zeigte durch seine 
Verheirathung thatsächlich, wie sehr er von der Nichtigkeit der Klostergelübdc, 
insbesondere von der Nichtigkeit des Gebotes der Ehelosigkeit, die er schon 
längst aus der heil. Schrift nachgewiesen hatte, überzeugt war. Wie er
	        
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