326
Ihr Deutschen von dem Flntenbett des Rheines,
Bis wo die Elbe sich ins Nordmeer gießet,
Die ihr vordem ein Volk, ein großes, hießet,
Was habt ihr denn, um noch zu heißen eines?
Was habt ihr denn noch großes, allgemeines?
Welch Band, das euch als Volk zusammenschließet?
Seit ihr den Kaiserzepter brechen ließet,
Und euer Reich zerspalten, habt ihr keines.
Nur noch ein einziges Band ist euch geblieben,
Das ist die Sprache, die ihr sonst verachtet;
Jetzt müßt ihr sie als euer einziges lieben.
Sie ist noch eu'r, ihr selber seid verpachtet;
Sie haltet fest, wenn alles wird zerrieben,
Daß ihr doch klagen könnt, wie ihr verschmachtet. (Rückert.)
f) Die Terzine. Die Terzine (Dreivers), ebenfalls aus dem Italie¬
nischen, besteht aus dreizeiligen Strophen von fünftaktigen jambischen
Versen. Reimstellung: aba — beb — ede — ded usw. (Kettenreim.)
Salas y Gomez raget aus den Fluten
Des stillen Meers, ein Felsen kahl und bloß,
Verbrannt von scheitelrechter Sonne Gluten,
Ein Steingestell ohiL alles Gras und Moos,
Das sich das Volk der Vögel auserkor
Zur Ruhstatt im bewegten Meeresschoß.
So stieg vor unseren Blicken sie empor,
Als auf dem Rurik: „Land im Westen! Land!"
Der Ruf vom Mastkorb drang zu unserm Ohr.
Als uns die Klippe nah vor Augen stand,
Gewahrten wir der Meeresvögel Scharen
Und ihre Brüteplätze längs dem Strand usw.
Das Versmaß eines Gedichtes bestimmt man, indem nmn angibt:
1. ob es strophisch ist oder nicht;
2. die Anzahl der Verse jeder Strophe;
3. die Art der Verse (Anzahl der Hebungen, Rhythmus);
4. die Reimstellung.
Z. B. „Der Ring des Polykrates" ist ein strophisches Gedicht. Jede
Strophe hat sechs viertaktige Verse in jambischem Rhythmus mit der
Reimstellung nab e c b; a und c sind klingend, b ist stumpf.