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verfinsterten sich. als er hörte, um wes willen sic gekommen wären.
„Es kömmt euch nicht zu gut," sagte er, „daß euer König euch zu
solchem Zwecke hierher gesandt hat; Hartmuts Gedanken sind mir
und Frau Hilden wenig angenehm " Und die Königin hob ihr
Haupt stolz empor und'sprach: „Habt ihr nicht den König Hagen
von Irland, meinen Pater, gekannt? Und wisset ihr nicht, daß euer
Fürst Ludwig ein Lehensmann desselben war? Und nun sollte der
Sohn eines 'Lehensmannes unser Kind als Gemahlin heimführen?"
— Beschämt mußten die Boten heimkehren.
Aber Hartmut fragte: ..Ist Gudrun wirklich so schön, tote man
sie rühmt?" Einer der Ritter antwortete ihm: „Wer die Liebliche
sieht, der vergißt ihrer nimmermehr." Da sprach Hartmut: „Gott
möge Hettel strafen für die Schmach, so er uns zugefügt hat. Aber
mein soll die Jungfrau dennoch werden!"
3. Unterdessen machte sich ein _ anderer junger König auf,
namens Herwig von Seeland, nach Hegelingen zu gehen und um
die schöne Gudrun zu werben. Er gab sich viel Mühe und sparte
seine Habe nicht, zum Ziele zu kommen; allein er sand da nichts
anderes als Hoffahrt und Verschmähen. Hettel bat ihn. alles Werben
zu unterlassen; da antwortete Herwig mit Zorn, er würde es nicht
unterlassen und sollte er auch gewaffnet zu ihm kommen.
Er sammelte nun dreitausend seiner Freunde zur Heerfahrt, und
an einem kühlen Morgen langte er mit dieser Schar vor Hettels
Burg an, als dort noch alles in tiefem Schlummer lag. Da rief
der Wächter laut von der Zinne des Turmes: „Wohlauf, ihr Helden,
roaffnet euch! Feinde sind hier!" — Schnell hatten sich da viele
Krieger gerüstet und stritten gegen die Eindringlinge. Herrlich war
Herwig anzuschauen im Streite; oft schlug er, daß die Feuerfunken
aus den Helmen flogen. Das sah auch Gudrun, die am Fenster
stand, und es war ihr nicht unlieb, seine Tapferkeit zu sehen, so
leid ihr auch der Kampf war.
Hettel hatte in grimmigem Mute selber die Waffen zur Hand
genommen, und bald stand er Herwig gegenüber. Da leuchteten
ihre Schwertschläge an ihren Schilden, und einer erkannte des andern
Kraft. Als der König Hettel sah, wie kühn und stark Herwig im
Kampfe war, sprach er bei sich: „Die mir diesen Recken nicht zum
Freunde gönnten, die haben wahrlich nicht gewußt, wer er ist."
Auch Gudrun sah und hörte den Zweikampf und erschrak über
die Gefahr der beiden und wußte nicht, wie sie sie scheiden sollte.
Da rief sie laut: „Um meinetwillen schaffet Frieden mit einander!
Lasset beide den Kampf so lange ruhen, bis ich Herwig gefragt habe,
wo er seine liebsten Freunde hat." — Herwig aber sprach: „O, ihr
wißt es wohl! Aber ich will keinen Frieden geben, wenn ich nicht
in der Burg mit euch reden darf." Da ward der Jungfrau zu Liebe
der Streit 'geschieden; die kampfesmüden Helden legten die Waffen
ab und gingen friedlich neben einander.
Als Herwig nun im Saale vor Gudrun erschien und sich mit
feiner Werbung an sie selbst wandte, da sagte sie: „Wo wäre die
Jungfrau, die einen so wackeren Helden verschmähen könnte? Kein