Object: Die Vaterlands- und Weltkunde (Theil 2)

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Gemeinde verkündigt als der, welcher kommen will. Es klingen die 
Prophetenstimmen durch die Kirche hin wie Frühlingsgesänge: 
Bald wird kommen zu seinem Tempel der Herr, den ihr 
suchet, und der Engel des Bundes, deß ihr begehret. Die 
Kirche singt: 
Wie soll ich Dich empfangen, 
Und wie begegn' ich Dir? 
Endlich bricht der hohe Frühlingstag an. Es predigt der Engel: 
Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volke 
widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren. 
Und die himmlischen Chöre antworten: Ehre sei Gott in der 
Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohl¬ 
gefallen! 
Nach der Ankunft des Herrn auf Erden zeigen sich auch bald 
Wirkungen. In seliger Hoffnung stehen bei dem Kinde Joseph und 
Maria, Simeon und Hanna; es ziehen herauf die Weisen aus dem 
Morgenlande. — In der Epiphanienzeit wird der Gemeinde verkün¬ 
digt, wie Christus selbst sagt, wessen Sohn er sei, und wie er selbst 
zeuget für sich mit Wort und Wunderthat. Das soll uns zu dem 
Glauben bringen: Gott ist geoffenbart im Fleisch, gerecht¬ 
fertigt im Geist, erschienen den Engeln, gepredigt den Hei¬ 
den, geglaubet von der Welt. 
Nun folgt der Sommer. Siehe ihn an in der Natur. Die 
Sonne steht hoch; ihre Glut sengt und brennt. Manches Pflänzlein 
verdorrt und stirbt; andere lassen matt das Haupt sinken; auf den 
meisten liegt der Staub. — Das Kirchenjahr feiert eine ähnliche Zeit 
in dem Leben des Herrn. Für ihn geht die Sommer- und Glutzeit 
an mit der Leidenszeit. Erst nahet das Wetter der Verfolgung leise 
heran. Zunächst denken sie daran, ihn zu tobten; dann halten sie 
Rath, wie sie ihn tödten. Endlich kommen die schweren Tage, von 
denen Jesaias weissaget: Fürwahr, er trug unsere Krankheit 
und lud auf sich unsere Schmerzen. Wir aber hielten ihn 
für den, der von Gott geschlagen und gemartert wäre. 
Der Sommer ist nicht bloß eine heiße Zeit, er ist auch eine 
schwere Arbeitszeit; unter Mühe wird die Frucht des Feldes ge¬ 
pflegt. — In dem Leben des Herrn giebt es eine Zeit, die auch in 
diesem Sinne mit dem Sommer int Naturjahr verglichen werden kann. 
Von dieser Zeit spricht Christus selbst: Mir hast du Arbeit ge¬ 
macht in deinen Sünden, und hast mir Mühe gemacht in 
deinen Missethaten. — Im Andenken an diese Zeit singt die 
Kirche: „O Haupt voll Blut und Wunden rc." und: „O Lamm 
Gottes unschuldig rc." 
Es nahet der Herbst. Er ist die Frucht und Erntezeit. Da 
steht der Segen Gottes auf den Feldern; es reift das, was ausge¬ 
säet ist; die Früchte werden eingesammelt. Mit dieser Jahreszeit ist 
die Zeit des Kirchenjahres zu vergleichen, welche den ersten Theil der
	        
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