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Vater gewährten Glaubensfreiheit. Die evangelischen Prediger
wurden außer Land verwiesen, die Kirchen niedergerissen, die Bi¬
beln verbrannt, zuletzt bei Todesstrafe das Bekenntniß der neuen
Lehre verboten. Wer nicht zur alten Kirche zurückkehren wollte,
mochte auswandern.
3) Von einem solchen Regenten konnten die Böhmen nichts
Gutes erwarten, und wollten daher ihn als König, nicht aner¬
kennen. Sie rückten unter Thurn bis Wien vor (Juni 1619),
und lagerten sich vor den Thoren der östreichischen Hauptstadt.
Ferdinand, der eben die Regierung der östreichischen Gesammt-
lande angetreten hatte, war jetzt auf allen Seiten von Gefahren
umdrängt. Der Aufstand hatte sich bereits über Niederöstreich ver¬
breitet, und selbst in der Hauptstadt gab es eine große Partei, die
mit den Aufständischen schon gemeinsame Sache machte. In solcher
Roth bewährte Ferdinand eine mannhafte Festigkeit und Treue
gegen die Sache, der er nach seiner Ueberzeugung sich gewidmet
hatte. Schon waren die Aufständischen in die Hofburg gedrungen,
um ihn zur Gewährung der geforderten Religionsfreiheit zu zwingen,
oder gefangen zu nehmen, als er durch die zufällige Erscheinung
einer Reiterschaar aus ihren Händen gerettet wurde (10. Juni 1619).
Bald darauf hoben die Böhmen die Belagerung Wiens auf und
kehrten zur Vertheidigung ihres Landes zurück, als Mansfeld
von östreichischen Heerhaufen unter Boucquoy bei Budweis
geschlagen worden war.
4) Jetzt konnte Ferdinand nach Frankfurt gehen, wo er,
nachdem sein gleichgesinnter Jugendfreund Maximilian von
Baiern die angebotene Krone ausgeschlagen hatte, von den geist¬
lichen Kurfürsten und von Kursachsen empfohlen, trotz der Einsprache
der Böhmen zum Kaiser gewählt wurde (28. August 1619).
5) Mit dieser Kaiserwahl waren Deutschlands nächste Geschicke
und weitere Zukunft vorgezeichnet. Zu derselben Zeit batten die
Böhmen auf einer nach Prag berufenen allgemeinen Versamm¬
lung ihrer Stände den Erzherzog Ferdinand aller Ansprüche auf
den böhmischen Thron verlustig erklärt (26. Aug.). Wenige Tage
nachher wählten sie im Einverständnisse mit den Ständen von
Schlesien, Mähren und der Lausitze das Haupt der prote¬
stantischen Union, den Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz,
zum Könige. Der jugendliche Pfälzer Fürst, vermählt mit Eli¬
sabeth Stuart, die, eine Tochter Königs Jacob I. von Eng¬
land, wohl auch noch einer königlichen Krone begehren mochte,
nahm nach einigem Wanken wider den Rath erfahrener Männer
aus eigener Eitelkeit und auf Zureden eitler oder befangener Freunde,
wie seines Beichtvaters Scultetus, das verhängnisvolle Geschenk an,
und ging nach Prag. Dort wurde er am 25. Octbr. 1619 in
großer Pracht mit der Krone Böhmens gekrönt.