Full text: Geschichte des deutschen Volkes und Landes (Cursus 3, Abth. 2)

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zösische und schwedische Truppen noch einige Zeit im Reich stehen; 
letztere noch zwei Jahre lang, bis die für jene Zeit schwere Kriegs¬ 
kosten-Entschädigung an Schweden aufgebracht war. 
An merk. J. G. Meiern, acta pacis Westphal. publica. 1734 ff. 6 Tom. — 
$üttet, Geist des westphäl. Friedens. 1795. — K. R. v. Senckenberg, 
Geschichte des westfäl. Friedens. 1805. — 2Boltmann, Geschichte des 
westfälischen Friedens. 2 Bde. 1808. 
§. 58. 
Zustände Deutschlands beim Ausgange des dreißigjährigen Krieges. 
1) Der dreißigjährige Kampf, der auf deutschem Boden 
wüthete, hatte für unser Vaterland die traurigsten Folgen. Das 
Land war zum guten Theil in eine Wüste verwandelt; ganze Län¬ 
derstrecken blieben unangebaut, seine Städte, einst durch Gewerbe, 
Handel und Reichthum blühend, waren verarmt oder zerstört. Zwei 
Drittheile der Bewohner waren umgekommen, nur zum Theil durch's 
Schwert, weit mehr noch durch Seuchen und Elend, durch die grä߬ 
lichste Hungersnoth und Verzweiflung. Man berechnet den gesamm- 
ten Verlust Deutschlands an Menschen während dieser Zeit auf 
zwölf Millionen. In dem Herzogthum Würtemberg zählte man 
1634 über 300,000 Einwohner, sieben Jahre später nur noch 
41,000; über 57,000 Haushaltungen waren eingegangen. In 
Augsburg war die Bevölkerung von 80,000 auf 18,000 herab¬ 
gekommen. Aehnliches hatten die Städte im Mittlern und nörd¬ 
lichen Deutschland erlitten. Böhmen hatte beim Regierungsantritte 
F er din and's II. eine Bevölkerung von 3 Millionen, sie war 
beim Ausgange des Kriegs auf 800,000 Menschen herabgesunken. 
2) Beute- und kriegslustige Fremdlinge aus allen Ländern, 
als Kroaten, Wallonen, Iren, Spanier, Italiener, Dänen, Schwe¬ 
den, Franzosen u. a. trafen auf Deutschlands Boden zusammen, 
und folgten, unbekümmert um den Glauben, dem, der am besten 
bezahlte, oder zogen herrenlos umher, durch Raub, Mord und die 
gräuelvollsten Ausschweifungen ihre Spur bezeichnend. 
Was man nicht selbst verzehren konnte, das wurde zerstört; 
Verwilderung und Barbarei, zuletzt gräßliche Hungersnoth trieben 
zu unmenschlichen Thaten: Kinder wurden geraubt und geschlachtet, 
Leichname verzehrt, Manschen wie Wild gejagt. Als man in der 
Gegend von Worms Frevler dieser Art aufjagte, fand man in dem 
siedenden Kessel, um den sie saßen, Arme, Hände von Menschen, 
als Speise bereitet. Der sogenannte „Schwedentrank", Eingießen 
von Mistjauche in den Hals der unglücklichen Opfer, wurde sprich¬ 
wörtlich. Wie die Gemeinen, so viele Führer, die zum Theil 
gewaltige Summen erpreßten; so Wallenstein in kurzer Zeit 
etwa 50 Millionen. Bei andern waren Trunkenheit und Völlerei
	        
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