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dum“), und etwas später an ein zu berufendes allgemeines Con-
cilium.
3) In Rom selbst mochte man das heftige Verfahren des
Cardmals nicht gebilligt haben; denn man sendete jetzt einen
Deutschen, den sächsischen Edelmann Karl von Miltitz, als päpst¬
lichen Nuntius nach Sachsen. Er sollte dem Kurfürsten eine
geweihte goldene Rose überbringen, dergleichen der Papst jeweils
um Neujahr hervorragenden Fürsten zu verehren gewöhnt war,
und die Sache Luther's friedlich beizulegen suchen. Dies schien
auch dem gewandten Unterhändler zu gelingen; bei einer Zusam¬
menkunft mit Luther zu Alten bürg (Jan. 1519) kam man
überein, die Sache der Entscheidung eines deutschen Bischofs zu über¬
tragen, unterdessen solle beiderseits Stillschweigen bewahrt werden.
4) Aber der Streit entbrannte bald von anderer Seite her
von neuem und noch heftiger. Denn Luther stand bereits nicht
mehr allein an seinem Werke; seine Ansichten theilte die Univer¬
sität Wittenberg, die als Corporation sie vertrat. Namentlich
wirkten zwei jüngere Lehrer an dieser humanistischen Hochschule in
Luther's Sinne, sein College Andreas Carlstadt (eigentlich
Bodenstein aus Carlstadt), insbesondere aber der eben als Lehrer
der griechischen Sprache berufene junge Philipp Schwarzerd,
genannt Metanchthon. Dieser, der Sohn eines Waffenschmieds,
geboren 1497 zu Breiten in der Pfalz, ein Verwandter und Schüler
Reuchlin's, war einer der außerordentlichen Menschen, die schon
in frühen Jahren in den vollen Besitz ihrer Geisteskräfte kommen.
Schon im 18. Jahre lehrte er in Tübingen, und kam im I. 1518
auf Reuchlin's Empfehlung nach Wittenberg, wo er sich enge
an Luther anschloß, und seitdem durch umfassende und tiefe
Gelehrsamkeit, wie durch gewinnende Milde seines Charakters, der
wirksamste Beförderer des von diesem ausgegangenen Werkes wurde.
5) Anlaß zum Wiederausbruch des Streites gab Johann
Eck, Kanzler und Professor an der Universität Ingolstadt, der
gelehrteste und besonders kampfgewandte Gegner Luther's. Eck,
ebenfalls eines Bauern Sohn, war mit Carlstadt in eine litera¬
rische Fehde gerathen, und lud diesen ein, ihren Streit in einer-
öffentlichen Disputation zu Leipzig auszufechten. Da Eck in den
von ihm veröffentlichten Streitsätzen auch Meinungen Luther's
ausgenommen hatte, so beschloß dieser, ebenfalls Theil zu nehmen.
So entspann sich am 27. Juni 1519 zu Leipzig, in Gegenwart des
Herzogs Georg von Sachsen und unter lebhafter Theilnahme zahl¬
reicher Zuhörer, ein geistiges Turnier zwischen Eck, Carlstadt
und Luther, das sich gegen drei Wochen hinzog; man stritt über
die Lehren vom freien Willen und der Gnade, von der Recht¬
fertigung durch den Glauben, von den guten Werken u. a., zuletzt
und am heftigsten über den Primat des Papstes und dessen Be-