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das Leben rettete? Du bist allein durch die Anstrengungen dei¬ 
ner Macedonier so groß geworden, und doch weißt du dich vor 
Stolz nicht zu lassen, und giebst dich gar für einen Sohn des 
Jupiter aus." — Der Streit wurde immer hitziger; jedes Wort 
traf schärfer, und endlich riß dem Könige die Geduld; er nahm 
einen Apfel von der Tafel, warf ihn dem Klitos ins Gesicht, 
und griff nach dem Schwerte. Alles sprang auf. Mehrere war¬ 
fen sich dem Alexander entgegen, um ihn vor einer Unbesonnen¬ 
heit zu bewahren; Andere brachten den Klitos aus dem Saale. 
Dieser aber kam, schaumend vor Wuth, zur andern Thüre 
wieder herein, und reizte den König so sehr zum Zorne, daß 
dieser einer dastehenden Wache den Spieß wegriß, und ihn dem 
Klitos durch den Leib rannte. Der Verwundete stürzte nieder, 
röchelte und war nach wenigen Augenblicken todt. Augenblick¬ 
lich war Alexanders Wuth und Rausch verschwunden. Der An¬ 
blick des dahinsterbenden Freundes löschte jede Empfindung des 
Zornes aus; nur die That stand gräßlich vor seiner Seele. Im 
Uebermaße des Schmerzes wüthete er gegen sich selbst, und hätte 
sich mit demselben Spieße erstochen, hätten nicht die Umstehen¬ 
den ihn fest gehalten. Thränen der Reue und des Schmerzes 
stürzten aus seinen Augen, als er den Freund seiner Jugend 
todt hinaustragen sah, und die ganze Nacht brachte er in einem 
trostlosen Zustande hin. Er heulte und weinte, daß man es 
weithin hören konnte; dann wieder lag er völlig sprachlos da, 
und nur tkefgeholte Seufzer unterbrachen die schauerliche Stille, 
oder er rief laut den Namen: Klitos! schmerzhaft aus. Alle 
Soldaten waren besorgt um ihn; indessen nach einigen Tagen 
faßte er sich, und theils sein natürlicher Leichtsinn, theils sein 
neuer Kriegszug beruhigte sein Gemüth bald wieder. 
Dieser neue Zug ging nach Indien, dem Lande, welches 
wir jetzt die Halbinsel diesseits des Ganges nennen. Eine un¬ 
geheure Unternehmung! Ein unbedeutender König eines kaum 
entwildeten Volkes, erst einige 20 Jahre alt, kommt mit einer 
Handvoll.Menschen an 700 deutsche Meilen weit her, um ein 
großes Land zu erobern, das von einem zahlreichen Volke be¬ 
wohnt ist! Nur einem Alexander konnte so etwas einkommcn 
Wir wollen doch sehen, wie es ihm dabei ergehen wird. — 
Schon der Zug bis an die Grenze Indiens war mit unerhörten
	        
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