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den, gaben denen, die Homer besingt, in nichts nach. Es würde 
zu weit führen, viele davon zu erzählen; nur eine mag hier zur 
Probe stehen. Vor Allen leuchtete- Gottfried von Bouillon durch 
seine heldenmüthige Tapferkeit und Löwenstarke hervor. Eines 
Tages machten die Feinde einen wüthenden Ausfall, und jagten 
das Heer des tapfern Bohemund, Fürsten von Apulien, in die 
Flucht. Wahrend sie aber das Gepäck plündern, sprengt Bohe¬ 
mund ins Lager zu den andern Fürsten, und ruft: „Zu den Waf¬ 
fen! Zu den Waffen!" — Alle springen auf; Gottfried, ob¬ 
gleich kaum von einer Krankheit genesen, ist einer der Ersten im 
Sattel, und Alle sprengen nach dem Wahlplatze, daß die Funken 
stieben. Hier sah man nun den tapfern Bouillon wie einen Lö¬ 
wen kämpfen. Wo sein Schwert hintraf, schlug er Einen zu 
Boden. Bald lag die Erde um ihn her von zersplitterten Lanzen, 
Helmen und Panzern, und abgehauenen Köpfen und Aermen. 
Aber das Beste kommt noch. Ein feindlicher Ofsicier von unge¬ 
meiner Größe und Starke drängte sich an ihn heran, um im 
Kampfe mit solchem Helden rechten Ruhm zu erndten. Die 
Schwerter blitzten und klirrten, es folgte Schlag auf Schlag. 
Jetzt hob der Sarazen sein Schwert zu einem entsetzlichen Hiebe; 
Gottfried hielt den Schild vor, aber der gewaltige Schlag spal¬ 
tete diesen in zwei Theile, und eben schwang jener das Schwert 
aufs neue, um dem wehrlosen Ritter den Kopf zu spalten. Aber 
dazu ließ ihm Bouillon keine Zeit. Rasch, von der Gefahr be¬ 
flügelt, hebt er sich in den Bügeln, hoch blitzt sein Schwert durch 
die Luft, und saufend fährt es mit Riesenkraft in die linke Schul¬ 
ter des Sarazens zwischen die Fugen des Panzers hinein, durch- 
schneidet die ganze Brust, und findet erst auf der rechten Seite 
am Gürtel einen Ausweg. Die obere Hälfte des so getheilten 
Türken stürzt zu Boden; die untere aber bleibt im Sattel, und 
zum Grausen Aller, die es sehen, rennt der wild gewordene Gaul, 
im Blute seines Herrn gebadet, so nach der Stadt zurück. Diese 
That klingt fast unglaublich, ist aber durch die beiderseitigen 
Heere gesehen, und durch mehrere Augenzeugen einstimmig er¬ 
zählt worden. 
So herrlich, wie hier durch glänzende Tapferkeit, ragte Gott¬ 
fried auch durch Tugenden des Herzens über seine Gefährten weit 
hervor. Denn so wie unter den Fürsten Neid und Eifersucht,
	        
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