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geld mit. Wirklich glückte es auch den verschmitzten Mönchen, 
eine Menge Eierchen in ihren hohlen Reisestäben zu verbergen, 
und damit glücklich wieder zurückzukommeu. Die kostbare Brut 
wurde glücklich erhalten, und durch das davon erhaltene Gespinnst 
der Grund zu den vielen Seidenmanufacturen gelegt, die wir jetzt 
in Europa finden. 
Noch ist Einiges von Justinians Frau, der Kaiserin Theo¬ 
dora, zu erzählen, damit man an ihrem Beispiele wieder sehe, wie 
alle Schönheit und aller Verstand erst durch Tugend ihren rechten 
Werth erhalten. Sie war von niederer Geburt, früh des Vaters 
beraubt, und hatte sich mit ihren Schwestern als Schauspielerin 
ernährt. Schon an sich war damals dieser Stand ganz verach¬ 
tet; dazu kam, daß sie die Rollen eines Possenreißers spielte, und 
sie brauchte nur aufzutreten, so erscholl schon das ganze Haus 
von lautem Gelächter. Dabei war sie aber ausnehmend schön, 
hatte einen unvergleichlichen Anstand, und war ganz der Liebling 
des Publicums. Ihre Aufführung war dagegen gar nichts werth, 
und so gern man sie auch ihrer Schönheit wegen ansah, so ver¬ 
achtet war sie doch dabei wegen ihres Leichtsinns, so daß jeder 
rechtliche Mann ihr gern aus dem Wege ging. Mit einem Male 
war sie wie umgeändert; sie saß fleißig zu Hause, spann Wolle, 
und war die Bescheidenheit selbst. Aber Alles nur zum Schein, 
um dadurch die Zuneigung Justinians zu gewinnen, der damals 
noch nicht Kaiser war. Sie erreichte auch ihren Zweck voll¬ 
kommen, und kaum war er Kaiser, so heirathcte er — alle Leute 
verdachten es ihm — die verworfene Theodora, und machte sie 
zur Kaiserin. Aber so groß ihre Macht nun auch war, und so 
eifrig nun auch die Schmeichler um ihren Thron herkrochen, so 
hatte sie doch keine rechte Freude am Hofe. Ein nicht ganz zu 
unterdrückendes Gefühl von Schaam machte, daß sie sich gern 
den Blicken der Höflinge entzog, und lieber auf ihren Lustschlös¬ 
sern an den reizenden Ufern des Meeres von Marmora zubrachte. 
So tief liegt im Menschen das Gefühl der Selbstachtung oder 
Verachtung! Wehe dem, der sich, wie Theodora, selbst verachten 
muß! Jedem sah sie argwöhnisch ins Gesicht, ob er auch durch 
keine Mrene etwa seine Verachtung gegen sie vcrrathe, und im¬ 
mer unterhielt sie eine Menge von Kundschaftern, die Alles, was 
über sie Nachtheiliges gesprochen wurde, sogleich ihr wieder hin-
	        
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