232 71. Die bayrischen und luxemburgischen Markgrafen.
dem Fürsten von Rügen bedrängt wurde. Da schlössen fast sämtliche
Nachbarfürsten, die Könige von Dänemark, Schweden und Polen und
manche deutsche Fürsten, die sämtlich die wachsende Macht der Askanier
mit scheelen Augen ansahen, einen Bund gegen Waldemar. Bei
Gransee erlitt er durch die dreifache Uebermacht eine Niederlage, be-
hanptete aber nachher im Frieden seinen Besitz. Waldemar starb 1319,
in der Blüte seiner Jahre; sein früher Tod stürzte das Land in
jahrelange Verwirrung. Schon im Jahre darauf, 1320, erlosch mit
seinem Vetter Heinrich das Geschlecht der brandenburgischen Askanier.
1. Vergl. die Tätigkeit Albrechts des Bären mit der Heinrichs des Löwen!
2. Mit welchem Rechte kann man Altsachsenland die Wiege des preußischen Staates
nennen? 3. Vergleiche die Kolonisation der Mark mit der Preußens und mit der
unserer Heimatlande! 4. Weise nach, wie Schwert, Pflug und Kreuz das Slaven-
land erobert haben! 5. Gib die gleichzeitigen Ereignisse aus der deutschen Geschichte
an! 6. Diejenigen aus der Geschichte der niedersächsischen Lande!
71. Die bayrischen und luxemburgischen Markgrafen.
1. Brandenburg unter den Wittelsbachern. 1323—1373. Nach
dem Aussterben der Askanier nahm Kaiser Ludwig der Bayer
(S. 129.) Brandenburg als erledigtes Reichslehen für seinen Sohn
Ludwig in Anspruch. So kam das Land an die Wittelsbacher.
Während des halben Jahrhunderts, in dem diese über die Mark re-
gierten, wurde das Land durch die benachbarten Fürsten beraubt und
durch die Polen und andere feindliche Nachbarn verwüstet. Mark-
graf Ludwig war selten im Lande anwesend, hielt sich lieber in seiner
Grafschaft Tirol auf und war wenig beliebt.
Der falsche Waldemar. Als Karl IV. im Jahre 1347 Kaiser geworden war,
suchte er, dem Markgrafen Ludwig die Mark zu entreißen. Damals trat der „falsche
Waldemar" auf, ein greiser Pilger, der sich für den 1319 verstorbenen Markgrafen
Waldemar ausgab. Er behauptete, an seiner Statt sei damals ein anderer be-
graben worden; jetzt komme der rechtmäßige Markgraf von einer Pilgerfahrt zurück,
um die Mark zu retten. Die askanischen Vettern in Anhalt erkannten ihn als den
rechten Waldemar an. Auch Kaiser Karl IV. ließ ihn aus Feindschaft gegen die
Wittelsbacher für den rechten Markgrafen erklären. Nun fiel ihm fast das ganze
Land zu. Nur die Neumark und wenige Städte in der Mittelmark, darunter
Brietzen, das seitdem Trenenbrietzen heißt, blieben Ludwig treu. Die Wittelsbacher
stellten aber einen Gegenkönig gegen Karl IV. auf. Da ließ der Kaiser den an-
geblichen Waldemar fallen, versöhnte sich mit Ludwig und erkannte ihn als den
rechtmäßigen Herrn der Mark an. Waldemar, der nun als Betrüger angesehen wurde,
mußte das Land verlassen und fand eine Zuflucht bei den Anhaltinern in Dessau,
die ihn nach seinem Tode in ihrer fürstlichen Gruft beisetzen ließen.
Als Kaiser Karl IV. im Jahre 1356 die Kaiserwahl und das
Recht der Kurfürsten in dem Reichsgesetz der „Goldenen Bulle" fest-
legte, wurden die Markgrafen von Brandenburg endgültig als Kur-
fürsten und Erzkämmerer des Reiches anerkannt, und ihr Gebiet führte
fortan die Bezeichnung Kurfürstentum Brandenburg (S. 140.) Im
Jahre 1373 nötigte Karl IV. Otto den Faulen, den letzten Wittelsbacher
in Brandenburg, ihm die Mark gegen eine Geldzahlung von 500 000
Goldgulden abzutreten. (Vertrag zu Fürstenwalde.) Damit begann die
Herrschaft der Luxemburger in Brandenburg.