44 
Jnspruck in Tyrol begeben, wo er die folgenden Jahre,sehr 
eingezogen verlebte, und seine Gicht ihn sehr quälte, so daß er 
selten das Zimmer verlassen konnte. Indessen hatte Moritz sich 
mehrere Male, aber immer vergebens, für seinen Schwieger¬ 
vater verwendet. Es krankte ihn tief, daß Karl immer noch 
beide Fürsten gefangen hielt; auch mochte ihm wohl sein Ge¬ 
wissen sagen, daß er bei den Evangelischen viel wieder gut zu 
machen habe. Kurz, es wurde allmälig der Entschluß bei ihm 
reis, den Kaiser mit Gewalt zu zwingen, seine Gefangenen frei 
zu geben. Es war recht, als wenn Karl in sein Unglück hin- 
er'nlaufen sollte. Er trug dem Moritz, dem er mehr als jedem 
Andern traute, auf, die Stadt Magdeburg, über die damals 
die Neichsacht ausgesprochen war, zu belagern. Das war dem 
Moritz gerade recht. Nun hatte er einen guten Vorwand, Sol¬ 
daten zu sammeln. Er zog die Belagerung ein ganzes Jahr 
lang hin, und auch dann ließ er die Truppen nicht aus einander 
gehen, indem er bald diesen, bald jenen Grund vorschützte. 
Man warnte den Kaiser; aber dieser äußerte, von Moritz könne 
er nichts fürchten; er hätte ihm ja nichts Anderes, als Liebes 
und Gutes erwiesen. Wirklich wußte ihn auch Moritz durch die 
ausgesuchtesten Verstellungskünste zu täuschen. Er schrieb ihm, 
er würde nächstens selbst nach Jnspruck kommen, ließ sich dort 
eine Wohnung miethen, ja er reiste gar schon dahin ab, wurde 
aber unterwegs plötzlich krank. Endlich als Alles reif war, 
brach er auf, und flog wie ein Sturmwind herbei, mit solcher 
Schnelle, daß er beinah den Kaiser in Jnspruck ereilt hätte. 
Bei Nacht und Nebel mußte der arme kranke Mann im fürch¬ 
terlichsten Regenwetter auf und davon. Man setzte ihn, weil er 
wegen der Gicht weder reiten noch fahren konnte, in eine von 
Mauleseln getragene Sanfte, leuchtete ihm mit Fackeln vor, und 
führte ihn so durch Bergschluchten und auf Felsenpfaden nach 
Kärnthen. So weit war es jetzt mit dem sonst so mächtigen 
Kaiser gekommen, daß er vor einem deutschen Fürsten ängstlich 
die Flucht ergriff! 
Moritz benutzte seinen Vortheil. Er drang dem Kaiser nicht 
nur das Versprechen ab/ augenblicklich beide gefangene Fürsten 
frei zu lassen, und sich an Moritz nie rachen zu wollen, sondern 
zwang ihn auch, in einem Vertrage bei Passau, 1552, den
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.