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während der Langenweile, die er wahrend der Heilung einer
schweren Verwundung empfand, auf die Grille, einen geistlichen
Ritterorden zu stiften, der das für den Papst im geistlichen
Sinne leiste, was die Soldaten für die weltlichen Fürsten thun.
Nachdem er bald in Europa, bald in Asien weite Reisen voll
Beschwerden und Abenteuer gemacht hatte, kam er auch zum
Papst, und bat ihn um Bestätigung des Ordens. Natürlich
war dieser gleich willig dazu; denn was konnte ihm gelegener
kommen, als ein solcher Orden, der seine Macht allenthalben
auszubreiten und zu erweitern versprach. Die Einrichtung war
ungefähr folgende: ein General stand an der Spitze; ihm mu߬
ten die Mitglieder, zu denen man nur entweder sehr verschmitzte,
oder gelehrte, oder reiche, oder mächtige Männer nahm, nicht
nur streng gehorchen, sondern auch von Allem, was sie erfuhren,
Nachricht geben. Um recht großen Einfluß auf die Fürsten zu
bekommen, drängten sie sich danach, Beichtväter derselben zu
werden, und um das Volk nach Gefallen zu leiten, ertheilten
sie unentgeltlichen Unterricht. Recht viel Böses hat dieser Orden
gestiftet; denn er hatte den Grundsatz, jede Handlung sey er¬
laubt, wenn man nur dadurch einen guten Zweck zu erreichen
hoffte, und sein guter Zweck war, die Macht des Papstes und
Ordens möglichst zu erhöhen.
86. Zwingli und Calvin. — Die Bartholo¬
mäusnacht, 1572.
Zu derselben Zeit, als Kaiser Karl V. in Deutschland,
Spanien und Neapel herrschte, war in Frankreich sein erbitter¬
ter Feind, Franz I., König. Unter ihm lebte der berühmte
Ritter Bayard, den man den Ritter ohne Furcht und Tadel
nannte, von dessen Thaten zu erzählen hier aber der Raum
fehlt. Schon unter Franz war die neue Lehre nach und nach
aus der Schweiz nach Frankreich gekommen. In der Schweiz
nämlich waren, mit Luther fast zu gleicher Zeit, zwei treffliche
Männer, Calvin in Genf und Zwingli in Zürich, darauf
gekommen, die Christen zu der einfachen Lehre unseres Heilan¬
des zurückzuführen, und Alles das aus unsrer Religion zu ver¬
bannen, was erst nach und nach durch Menschenwerk hineinge¬
bracht war. Beide waren, wie Luther, durch das Lesen der