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Da rief die Syrische Armee den Aurelius Pro¬
bus (276 — 262) zum Kaiser aus, ungeachtet Floria-
nus, Bruder des Tacituö, den Purpur genommen. Pro¬
bus, der so wie Claudius und Aurelian auS einem Illy¬
rischen Bauerngeschlechte stammte, verdiente seine Erhö¬
hung durch Talent und Tugend, durch welche er schon
als Jüngling hervorglanzte. Als die Soldaten des Flo-
rianus ihren unwürdigen Herrn getödtet hatten, und die
Wahl des Probus vom Senat einstimmig war bestätigt
worden, verdunkelte er durch eine Reihe glorreicherKriegs-
thaten den Ruhm Aurelians, wahrend die Liberalität seiner
Gesinnungen an Markus Aurelius erinnerte. Mit bewun¬
derungswürdiger Schnelligkeit stog er von Land zu Land,
um die allenthalben bedrängten Grenzen zu schützen oder
Empörer zu bändigen; schlug in vielen Schlachten die
Perser, die räuberischen Isaurier, und zumahl die Deut¬
schen, denen er nur nach großen Opfern den Frieden gab,
und suchte die schwächste Seite der Römischen Grenze
durch eine von Regensburg bis zur Neckar-Mündung ge¬
zogene Reihe von Berschanzungen zu decken. Doch aller
Kriegsruhm konnte den menschlichen Kaiser so wenig blen¬
den, daß er vielmehr das Bauen dem Zerstören, und die
Künste des Friedens den blutigen Trophäen vorzog. Sein
Streben ging dahin, einen lange andauernden Frieden zu
begründen, indem er die Basaren zu civilisiren, und
durch Verstanzung ihrer gefährlichsten Stämme in das
Römische Gebieth, ihre Kräfte des Angriffs auf inrmer
zu lähmen gedachte. Alsdann, hoffte er, würde der Sol¬
datenstand, diese drückendste Last des Staates, entbehr¬
lich, und ein ruhiger Genuß des bürgerlichen Glücks das
kostbare Erbtheil des Römischen Reiches seyn. Bis aber
diese schöne Zeit einträte, suchte er wenigstens durch Wie¬
dererbauung der zerstörten Städte (über 70 wurden von
ihm theils neu erbaut, theils wieder hergestellt) die Wunden
der früher» Kriege zu heilen, und die theuer bezahlten
Arme der Soldaten zu gemeinützigen Arbeiten zu ver¬