Object: Geschichte für Volks- und Bürgerschulen : mit Abbildungen (Nr. 4)

des Hunnenvolkes zu einem gewaltigen Reiche. Er war klein von Gestalt, hatte einen 
dicken Kopf, einen gewaltigen Nacken und kleine, aber stolz rollende Augen. In einem 
großen Dorfe zwischen Theiß und Donau hielt er sein Hoflager. Sein Palast war 
ganz aus Holz erbaut und mit vielen Hallen umgeben. In seiner Lebensweise war er sehr 
einfach und mäßig. Seine Generale und Hofbeamten zwar hatten große Pracht¬ 
gemächer, aßen von silbernen Schüsseln und schmückten sich mit prächtigen Kleidern. 
(Sr aber aß und trank aus hölzernen Schalen und kleidete sich mit Tierfellen, wie 
ein Hirt seines Volkes. Bei seinen Gastmählern dagegen ging es luftig her- nach 
jedem Gerichte tranken feine Gäste ans fein Wohl, und Sänger priesen in Liedern 
feine Thaten. 
2. Gottesgeißel. Mit einer halben Million Krieger zog er um die Mitte des 
5. Jahrhunderts weiter nach Westen; bis an den Ocean wollte er sein Reich aus¬ 
dehnen. Seine wilden Scharen kannten kein Erbarmen. Weder Mann noch Weib 
weder Greis noch Kind blieb von ihnen verschont. Gleich einem Heuschreckenschwarme 
zerstörten sie alles vor sich her. Die Saatfelder wurden zertreten, Gold- und Silber¬ 
sachen fortgeschleppt, Städte und Dörfer in Aschenhaufen verwandelt. „Wohin der 
Huf von Attilas Pferd trat, da wuchs kein Gras mehr." So kam er durch das heutige 
Ostreich und Bayern, setzte über den Rhein, zerstörte Worms, Straßburg, Metz und 
drang bis an die Loire vor. Furcht und Schrecken ging vor ihm her, so daß er vom 
Volke als „Gottesgeißel", wie er sich auch selbst nannte, angesehen wurde. 
3. Kampfesweise. Keilförmig geordnet und mit wildem Geheul stürzten sich die 
wilden Scharen Attilas auf den Feind. _ Aus der Ferne warfen sie ihm ihre Spieße, 
deren Spitzen aus scharfen Knochen gefertigt waren, entgegen; im Handgemenge suchten 
sie ihm mit dem kurzen Säbel den Kopf zu spalten. Auch führten sie stets eine 
Schlinge mit sich, die sie während des Kampfes dem Feinde über den Kopf warfen, 
um ihn damit niederzureißen und so mit sich fortzuschleppen. 
4. Niederlage bei Chalons. 451. In Frankreich stellte sich den Hunnen ein 
gewaltiges Heer entgegen; dasselbe war aus Römern, Burgundern, Westgoten und 
Franken zusammengesetzt. An einem Herbsttage 451 kam es bei Chalons a. d. Marne 
(aus den catalannischen Feldern) zur Schlacht. Vom frühen Morgen bis zum späten 
Abend dauerte der Kampf; an 160 000 Leichen bedeckten das Schlachtfeld; unter ihnen 
befand sich auch Theodorich, der tapfere König der Westgoten. Die Schlacht war so 
heiß und blutig gewesen, daß ein Bach, der über das Gefilde rann, vom Blute rot 
gefärbt war. Trotzdem aber suchten die todwunden Streiter ihren Durst aus dem¬ 
selben zu löschen. Mit einbrechender Nacht zog sich Attila zurück. Die ganze Nacht 
klang die Totenklage schauerlich zu den Siegern herüber. Um diesen nicht lebendig 
in die Hände zu fallen, ließ sich Attila aus Pferdefätteln und hölzernen Schildern 
einen Scheiterhaufen errichten, auf dem er sich bei einem etwaigen neuen Angriffe 
verbrennen lassen wollte. Die Sieger aber ließen ihn unangefochten nach Ungarn 
zurückkehren. 
5. Tod. 2 Jahre später starb Attila ganz plötzlich. Allgemein war die Trauer 
der Hunnen; sie schoren ihr Haar, zerfetzten ihr Gesicht und fangen Klagelieder. 
Seinen Leichnam legten sie in einen goldenen Sarg, stellten diesen in einen silbernen 
und beide wieder in einen eisernen. Mitten in der Nacht begruben sie ihn und mit 
ihnt seine Pferde, Waffen und Schätze. Alle Gefangenen, die dabei geholfen hatten, 
wurden dann getötet, damit fein Grab dem Feinde nicht verraten würde. Nach dem 
Tode Attilas zerfiel? das große Hunnenreich, und die Hunnen kehrten in die Steppen 
Asiens zurück. 
6. Verlauf der Völkerwanderung. Die durch den Einbruch der Hunnen herbei¬ 
geführte Völkerwanderung dauerte an 200 Jahre. Fast alle Völker Europas nahmen 
an tiefer Bewegung teil. Nach längeren Kämpfen gingen aus derselben folgende
	        
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