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Nach vollendeter Eroberung ließ Titus alles, waS
von der Stadt noch stand oder schon zertrümmert war,
vollends der Erde gleich machen. Nur ein Stück von
der Mauer gegen Abend ließ er stehen, nebst drey Thür¬
men. Jenes sollte der zurück zu lassenden Besatzung zur
Sicherheit, diese zum Andenken dienen, daß ehemahls hier
eine Stadt gestanden habe. Die Anzahl der in diesem
Kriege gebliebenen Juden laßt sich nicht bestimmen, es
möchte aber wohl nicht übertrieben seyn, sie auf andert¬
halb Millionen zu schätzen. Der Gefangenen, welche
man in verschiedene Provinzen des Reiches vertheilte,
waren 97,000.
Noch hatten die Juden drey Festungen besetzt, He-
rodion an der Arabischen Grenze; Macharon an der süd¬
lichen Grenze von Peraa, und Maffada am rodten
Meere. Die ersten beyden eroberte Bassus, den Titus
nach seinem Abzüge zum Statthalter gesetzt hatte. Gegen
die dritte, welche überaus fest war, konnte des Bassus
Nachfolger mit seinem Sturmzeuge nichts ausrichten, da¬
her er sie mit einer hohen Mauer umgab, und alsdann
Feuer an die Thore legte. Da der Brand die Stadt er¬
griff, geriethen dje Juden in Verzweistung, brachten erst
alle Weiber und Kinder um, wählten durchs Loos zehn
Männer, die sie, und wieder einen, der die zehn und
sich selbst hinricyten mußte, wie man von zwey Wei¬
bern erfuhr, welche sich, ehe das Morden anging, ver¬
steckt hatten.
Die jüdischen Länder ließ Vefpasiau zum Besten des
kaiserlichen Fiskus verkaufen; wohin auch alle Juden,
welche in dem Römischen Gebiethe wohnten, den halben
Sekel zahlen mußten, den sie vorher an den Tempel
entrichtet hatten.
So war nach einem vierjährigen Kriege der Jüdische
Staat zerstört, lind fast die ganze Nation aus ihrem
Vaterlands vertrieben. Dennoch konnten die Zuden auch