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Welt. Aber der Papst Leo nahm den Bischofstab in
seine Hand, und wagte sich, von vielen Großen beglei¬
tet , in das Hunnische Lager. Er brachte rührende Vor¬
stellungen für den König, und Geschenke für seinen Rath.
Es wurde gesagt und geglaubt: Rom, von Gott beschirmt,
könne nicht ungestraft eingenommen werden; Alarich habe
es erfahren, der, nachdem er diese Stadt feindlich behan¬
delt, frühen Tod erlitten. Attila wurde besänftiget.
Schwer vom Raube hundert unglücklicher Städte zog er
aus dem Land. Eben wollte er das morgenländische Reich
mit seinen furchtbaren Schaaren überziehen, als er starb
(453). Betrauert und begraben wurde er nach der Sitte
des Volkes. Die Hunnen machten Einschnitte in ihre
Gesichter, und schnitten sich die Haare ab. In einer wei¬
ten Ebene unter einem seidenen Gezelt wurde sein Leich¬
nam gezeigt; um denselben rannte, seine Thaten singend,
die Reiterey. Die ganze Nation ließ Loblieder auf ihn
erschallen, und pries das Glück, wie der große Attila,
nach unsterblichen Siegen, in der herrlichsten Zeit seines
Volkes, seine Laufbahn beschlossen und sich hinüber zu
den Geistern der alten Helden begeben. In der Nacht
wurde Attila in einen goldenen, dieser in einen silbernen,
und beyde in einen eisernen Sarg gelegt; Pferdezeug,
Waffen, kostbare Insignien wurden mit ihm begraben;
alle Arbeiter am Grabe umgebracht, auf daß kein Sterb¬
licher verrathe, wo der Hunnenheld ruhe. Als der Schre¬
cken seines Nahmens die Völker nicht mehr zusammen¬
hielt, entzweyten sie sich ; viele versagten den Gehorsam.
In einer großen Schlacht fiel der Liebste seiner Söhne,
der Erstgeborne, Ellak, ein tapferer Mann. Die
Hunnen waren geschickter, Verheerer zu seyn, als auf
Regierungs - Grundsätze eine dauernde Verfassung zu
bauen. Ihre Macht verschwand mit Attila.
Rom war kaum von dieser Gefahr befreyt, so wurde
Aetius dem Kaiser verläumdet; und dieser, dessen eittie