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§. 65.
Maximilian I.
Ganz das Gegentheil seines VaterS, ver/
schivrnderrsch freigebig, wo dieser sparsam an
sich haltend, rasch isnb ritterlich kühn zufahrcnd,
wo dieser unschlüssig zaudernd gewesen war, trat
nun Maximilian an die Verwaltung des Reiches.
Auch er hat das nicht geleistet, was vielleicht
seine Zeitgenossen von ih,n erwarteten; denn er
gehörte nach seiner ganzen Eigenthümlichkeit eü
ner verschollenen Bildung an, in die eng-vere
schlnngencu Verhältnisse seiner Gegenwart, die
durch die ganz veränderte Stellung der Völker
zu einander, die ganz urngcbitdete Verfassung und
den erhöhten Stand der Bildung derselben völr
lich von der Vergangenheit abgebrochen war/
wußt' er stch nicht zu finden.
Die Völker hatten sich 'um diese Zeit anS
der langen Zerissenheit, in die sie durch die Völ,
kerwanderung, und aus der Erstarrung, in die
sie durch das Lehenwesen gerathen waren, erhör
ben. Durch eine mehr sichere und einheitliche
Verfassung in ihrem Innern fester zusammenger
halten und durch eine schärfer ausgeprägte Volk-
thümiichkeit strenger nach Außen hin abgeschlosi
sen, standen die Staaten Europa's in enger,
fester Fügung da. Kein einzeter Theil konnte
brechen, verrückt werden oder wanken, ohne daß
der ganze Staatenbau erschüttert worden wäre.
«Seit 1485 suchte England unter seinem Salor
mo, Heinrich VIJ., tie durch den langen Streit
der rothen und weißen Rose zerissenen Kräfte zu
einigen, um fortan das Schiedsrichteramt zwü
scheu den Königen zu übernehmen und das Ger
wicht seiner Macht in die Waagschaale zu legen,
wenn das Gleichgewicht gestört würde. Die Völr