fullscreen: Deutsches Lesebuch für Mittel- und Oberklassen der Volksschulen

254 
vermag. Mit ihrer feinen Flughaut empfindet sie die Nähe von 
Gegenständen schon, ehe sie dieselben berührt, wie wir die Nähe 
des Ofens oder der offenen Türe im Dunkel an dem warmen 
oder kalten Luftzuge erraten. 
Sobald die Fledermäuse von ihrem Fange gesättigt sind 
oder der anbrechende Tag ihrer Jagd ein Ende macht, suchen sie 
wiederum ihre Schlupfwinkel auf. Die einen kriechen in hohle 
Bäume, andere verstecken sich unter die Strohdächer der Scheunen 
und wieder andere schlüpfen auf die Böden der Kirchtürme, in 
Ruinen oder unbenützte Schornsteine. Sonderbar ist die Art und 
Weise, wie sie auszuruhen und zu schlafen pflegen. Statt sich 
wie die Hausmäuse oder wie Katze oder Hund hinzulegen, haken 
sie sich mit den Krallen der Hinterfüße an Vorsprüngen ihres 
Verstecks auf und lassen den Körper herabhängen, den Kopf zu 
unterst. Obschon sie gern in zahlreichen Haufen beisammen 
rasten, sind sie doch untereinander sehr unverträglich, schreien 
zwitschernd einander an und beißen sich zornmütig wohl gar die 
Armknochen entzwei. 
Bei dem Beginn der kalten Jahreszeit fehlt ihnen die Nah¬ 
rung. Die Nachtinsekten sterben oder verkriechen sich; auch sind 
die Fledermäuse selbst gegen die Kälte sehr empfindlich. Darum 
suchen sie sich alsdann einen möglichst geschützten Schlupfwinkel, 
hängen sich auf und fallen in einen festen Winterschlaf. Kommen 
mitten im Winter einmal ein paar warme Tage, und erscheinen 
im Dämmerlichte Mückenschwärme, so wachen auch die Fleder¬ 
mäuse auf und nehmen hurtig einen Mund voll nach dem langen 
Fasten, fallen aber sogleich wieder in Schlaf, sobald die Kälte 
von neuem anfängt, um erst in der wärmeren Jahreszeit wieder 
aufzuleben. Ccm. Wazner. 
+ 211. Die Eule. 
Die Eule hat große, klare, bedächtige Augen und ein außer¬ 
ordentlich feines Gefieder. Ihr Flug ist so leise, daß auch das 
feinste Ohr nicht das geringste Geräusch dabei vernehmen kann. 
Sie sieht so unbefangen und arglos aus, daß man glauben sollte, 
man könnte ihr in allem vertrauen. Aber der Schein trügt. 
Sie hat einen krummen Schnabel und scharfe Krallen, was eine 
bedenkliche Sache ist. Auch will sie von dem Tageslichte nichts 
wissen, sondern sucht sich vor demselben zu verbergen. Wird sie 
bei Tage aus ihrem dunkeln Schlupfwinkel hervorgezogen, so ver¬ 
liert sie alle Besinnungskraft und es wird ihr nicht eher wieder
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.