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das Bewubtsein der Zusammengehörigkeit aller deutschen Stämme,
und in der flammenden Begeisterung der Kämpfe und der Siege des
Jahres 1870 ward es dem groben Politiker nicht schwer, Deutschlands
Fürsten und Völker zu bewegen, dem Könige von Preuben die Würde
des Deutschen Kaisers zu übertragen. Die Kaiserproklamation in Ver-
sailles am 18. Januar 1871 krönte das Lebenswerk Bismarcks, der
nun im neuen Deutschen Reiche seines greisen Kaisers getreuer
Kanzler wurde.
5. Noch 2 Jabhre leitete der eiserne Kanzler mit starker Hand
Deutschlands Geschicke nach auhen und innen, bis er, an beispiel-
losen Ehren und Erfolgen reich, das Steuer des Reiches in andre
Hãnde legte, um den Lebensabend in dem stillen Herrensitz Friedrichs-
ruh im Sachsenwalde zu beschlieben.
Die Deutschen des ganzen Erdenrundes trauerten, als er im
Sommer 1898 entschlief. In der Seele unsers Volkes aber lebt er
fort, und die Erinnerung an den Schöpfer des neuen Deutschen
Reiches wird auch aus den Herzen der kommenden Geschlechter
nicht schwinden. Stolze Denkmäler in den Städten, ragende Säulen
auf den Bergen des dankbaren Vaterlandes rühmen den Namen des
Mannes, dessen stolzes FPühlen, dessen fester Wille, dessen hoher
Mut deutsch war wie keines andern Mannes.
Deutsches Volk, sei dankbar und treu dem eisernen Kanzler!
Eduard Sakobielski. (GOriginalartikel.)
276. Kaiser Friedrich III.
Ein Palmzweig seiner Ruhestätte.
1. Es stockt der Puls, das Herz hat ausgeschlagen —
das Königsherz, das unerhört gelitten,
das Heldenherz, das riesenhaft gestritten
mit dem Verhängnis, ohne je zu klagen.
2. Du hast in neunundneunzig Leidenstagen
die schmerzenreichste Königsbahn durchschritten
und wirst aus deines treuen Volkes Mitten
zur Gruft der Väter viel zu früh getragen!
3. So finde, Friedrich, denn bei Gott den Frieden,
den dieses Tal der Tränen dir verwehrte,
die Krone, die nicht welkt, sei dir beschieden!