Full text: Geschichte der Römer für Gymnasien und den Selbstunterricht

109 
nat überließ die Entscheidung dem Volke. Als dieses aber, statt 
zu strafen, die Schuldigen zu Kriegstribunen für das nächste 
Jahr ernannte; da kehrten die Unterhändler voll Erbitterung 
und laut drohend zu den Ihrigen zurück. Mit reißender Schnel¬ 
ligkeit drangen jetzt die Gallier vor und begegneten erst am 
Flusse Alia, wenige Meilen von Rom, einem römischen Heere, 
das in aller Eile zusammengerafft war. Hier erlitt dasselbe, fast 
ohne Gegenwehr, eine gänzliche Niederlage. Beim Anblicke der 
fremden gallischen Männer und ihrer barbarischen Bewaffnung 
ward es vom plötzlichen Schrecken ergriffen und lösete sich in 
wilde Flucht aufDie meisten flohen nach Veji und den be¬ 
nachbarten Städten; nur wenige nach Nom selbst. Hier war 
Alles voll Bestürzung und Schrecken. Der größte Theil der 
Bevölkerung wanderte in die umliegenden Orte aus; nur 
die wehrhafte Mannschaft und die Kräftigsten aus dem Senate 
hielten das Capitol besetzt. Die Gallier erschienen vor Rom 
und wurden überrascht, als sie die Stadt unbesetzt, die Thore 
offen fanden. Noch höher aber stieg ihr Erstauneu, als sie beim 
Einrücken in die öde menschenleere Stadt auf das Forum kamen. 
Hier saßen in einer langen Reihe neben einander achtzig ehr¬ 
würdige Greise, meistens Senatoren und Priester, in feierlicher 
Amtskleidung, Jeder auf seinem curulischen Sessel, mit ernster 
majestätischer Miene, entschlossen, den Untergang der Vaterstadt 
nicht zu überleben. Die Gallier machten plötzlich Halt und stan¬ 
den vor ihnen, wie vor Bildsäulen der Götter. Neugierig, ob 
die unbeweglichen Gestalten wohl Leben haben mögten, wagte 
endlich ein Gallier, den Senator Papirius beim Barte zu zu¬ 
pfen. Der erzürnte Greis gab dem Verwegenen einen Schlag 
mit seinem elfenbeinernen Scepter. Da aber wurde er, da wur¬ 
den alle übrigen niedergehauen. Dann plünderte man die Stadt, 
zündete sie an und verwandelte sie in einen schaudervollen Schutt¬ 
haufen. 
Nach der Verbrennung der Stadt belagerte Brennus das 
Capitol. Durch Hunger wollte er es zur Übergabe zwingen, 
l) Der Tag bei Alia (dies Aliensis), oder der 16. Juli, gehörte 
seitdem zu den Unglückstagen, an denen keine öffentlichen Geschäfte vor¬ 
genommen werden durften.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.