Full text: Geschichte der Römer für Gymnasien und den Selbstunterricht

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Freudengeschrei des Volkes ab. Seine Weigerung war Verstel¬ 
lung; er erwartete von der Zustimmung des Volkes die Krone 
wirklich. Da seine Hoffnung fehl schlug, stand er vom Stuhle 
auf, ließ das Diadem auf das Capitol tragen und sagte: „Ju¬ 
piter allein ist König!" Am folgenden Morgen fand man alle 
Bildsäulen Cäsar's mit königlichen Binden geschmückt. Aber 
zwei Tribunen des Volkes rissen sie ab und verhafteten diejeni¬ 
gen, welche Antonius vermocht hatte, die Bildsäulen mit dem 
Attribute der Königswürde zu schmücken. Bei dieser Gelegen¬ 
heit verrieth sich Cäsar. Er entsetzte die Tribunen ihres Amtes 
und erklärte sich darüber in einer öffentlichen Rede. 
Vorgänge solcher Art und die Vermessenheit, mit welcher 
der Diktator schon wiederholt in unbewachten Augenblicken des 
steigenden Stolzes den Senat behandelt und die republikanischen 
Formen bespöttelt hattet, erregten große Mißbilligung und be¬ 
stärkten viele Freunde der alten Republik in dem Verdachte, daß 
Cäsar nach der Königskrone strebe. Daher gingen sechzig der 
Eifrigsten unter ihnen eine geheime Verschwörung zum Sturze 
des Tyrannen ein. An der Spitze dieser Verschwörung standen 
C. Cassi ns und M. Inn. Brutus. Beide waren von Cä¬ 
sar für ein Jahr zu Prätoren ernannt. Der erstere, ein ehr¬ 
süchtiger, heftiger Mann und persönlicher Feind Cäsar's, weil 
dieser das ihm zugesagte Consulat hinhielt 4), hatte mehr die 
Befriedigung seiner Leidenschaft, als die Freiheit im Auge. Er 
war der eigentliche Stifter der Verschwörung. Die Seele der¬ 
selben aber war Brutus, der schon mit seinem Namen an den 
berühmten Befreier Rom's von der Herrschaft des Königs Tar- 
quinius Superbus erinnerte; — ein schwärmerischer Nacheiferer 
der strengen Tugend seines Schwiegervaters, des Cato von 
Utika. Als eifriger Republikaner hatte er in der Schlacht bei 
Pharsalus in den Reihen des Pompejus gegen Cäsar gefochten, 
war aber vom Sieger begnadigt worden. Cäsar liebte ihn 
als seinen Sohn und überhäufte ihn mit Güte. Dennoch faßte 
er einen unversöhnlichen Haß gegen seinen Freund und Wohl¬ 
ig) Nihil esse rempublicam, appellationem modo sine corpore ac 
specie. Ampius bei ©ueton Caesar c. 77. 
4) Consulatum differendo (Caesar) Cassium offenderai. Velle- 
jus II. 56.
	        
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