Full text: Geschichte der Römer für Gymnasien und den Selbstunterricht

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schulen, den s. g. ludi oder tabernae literariae, in welchen Lesen, 
Schreiben, Rechnen, und außer der Muttersprache später auch 
die griechische Sprache gelehrt wurde. Vornehme pflegten ihren 
Kindern bis ¿um Eintritt in'S männliche Alter einen Pädagogen 
zur beständigen Begleitung und Beaufsichtigung bcizugeben. Hiezu 
nahmen sie ältere und zuverlässige Sklaven oder Freigelassene. 
Auch übernahmen diese bei der erforderlichen Bildung wohl selbst 
den ersten Unterricht. Dieses geschah vorzüglich seit der nähern 
Verbindung mit den Griechen/ als die Künste und Wissenschaften 
dieser Nation in Rom Eingang fanden, und griechische Sprache 
und Literatur mit in den Kreis des Iugendunterrichts gezogen 
wurden. Seitdem kamen fortwährend gelehrte Griechen nach 
Rom herüber und übernahmen hier die Bildung der Jugend. 
Sie ertheilten Unterricht in der Geschichte, in der Poesie, Be-- 
redsamkeit und Philosophie. Die Beschäftigungen mit solchen 
Wissenschaften erschienen als eines freien Römers besonders wür¬ 
dig. Sie wurden als Humanitätöstudien bezeichnet, weil sie zur 
Veredlung der menschlichen Natur vorzüglich wirksam sind 
Für gymnastische Übungen stand das Marsfeld offen. 2m fünf-" 
zehnten Jahre ward der junge Römer durch feierliche Überrei¬ 
chung der männlichen Toga zum Staatsbürger erklärt und der 
Aufsicht des Pädagogen entnommen. Gleichwohl setzte er seine 
bisherigen Übungen fort; und um sich für den Staatsdienst 
immer mehr auszubilden, schloß er sich von dem siebzehnten 
Jahre ab an eine vornehme Magistratsperson, besonders an einen 
berühmten Juristen und folgte genau seiner Leitung und Anwei¬ 
sung. Früh am Morgen fand er sich in dem Vorzimmer dessel¬ 
ben ein v und hörte zu, wie denjenigen, welche kamen, um den 
Rechtskundigen um Rath zu fragen, dieser ertheilt wurde. Ihn 
begleitete er in die Volksversammlungen und Gerichtshöfe,'wo 
die wichtigsten Verhältnisse des Staates wie der Familie zum 
Vortrage kamen, und die herrlichsten Talente um den Sieg der 
Beredsamkeit wetteiferten. Er ging auch wohl mit einem Prä¬ 
tor in die Provinz ab, um auch diesen Geschäftökreis kennen zu 
lernen. Selbst das Kriegslager war für ihn eine Schule nicht 
bloß des pünktlichen Gehorsams und der aufopfernden Pflicht- 
1) Artes, quibus aelas puerilis ad huinanitatem infovmaii solel. Cic.. 
ui. |t. Aichia poet. c. 111.
	        
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