I. Rom unter Königen (754—510). 73
durch Gewalt und Ueberredung ganz Latium, so wie das vols-
cische Antium, abhängiger von Nom, eroberte dcw volseische
Suessa Pometia und Gabii und verschönerte Nom durch den
Bau des Capitolium und des dreifachen Tempels (des Jupiter,
der Juno und Minerva) auf demselben. Seine Gewaltthatig-
keit traf Anfangs nur die Plebejer, welche er auch zu drücken¬
den Frohndiensten zwang, bald beschrankte er auch das Ansehn
des Senats und beraubte Patricier des Eigenthums und des
Lebens, bis der Selbstmord der von seinem Sohne Sextus ent¬
ehrten Lucretia einen besonders von L. Junius Brutus geleite¬
ten Aufstand veranlaßte, durch welchen er 510 mit seiner Fa¬
milie vertrieben und das Königthum abgeschafft wurde*).
*) Neuere Untersuchungen, namentlich Niebuhr's, haben aus der, un-
ker verschiedenartigem Einflüsse ausgebildeten, Sagengeschichte dieses Zeitraums
mit großer Wahrscheinlichkeit Folgendes als historischen Kern ermittelt. Rom
ging aus der Vereinigung von drei Stämmen und wahrscheinlich aus drei
Städten hervor: den Ramnes, Einwohnern des eigentlichen Rom's, einer alten
stculischen oder latinischen Sradt auf dem palatinischen, den Tiries, Einwoh¬
nern der sabinischen Stadt Quirium auf dem cavitolinischen Hügel, welche
beide Städte schon unter Rvmulus sich vereinigten, und den latinischen Luce-
rcs, Vewohnern einer Stadt Lucerum auf dem cälischen Hügel, welche, aus den
nach Rom geführten Albanern hervorgehend, Anfangs unterthänig waren, je¬
doch unter Tarquinius Priscus mit jenen zwei Stämmen vereinigt wurden,
so daß damit der Stand der Altbürger (Patricier, populus romanus) abge¬
schlossen war. Jeder Stamm zerfiel in 10 Curien, jede derselben in 10 De-
curien und diese in Geschlechter; die Versammlungen der Patricier hießen co-
roitia curiata. y.eben den Patricier» gab es schon in frühster Zeit Clienten,
erbunterthänige hörige Leute, welche von den Patriciern aus beliebige Zeit
Land zum Anbau erhielten und geschützt wurden, aber auch derselben (ihrer
Patronen) Ehre fördern und Leistungen theilen mußten. Dagegen entstand
erst seit der Zeit des Königs -Ancus Marcius die freie Gemeinde der Ple¬
bejer (plebs) durch die Bildung einer Landschaft aus latinischen Ortschaften
> und freiwillige oder erzwungene Wanderung eines Theils der Einwohner der¬
selben, auch des Adels, nach Rom, zunächst nach dem aventinischen Hügel;
Servius Tullius gab ihnen zuerst eine Organisation durch Einrheilung in
Tribus, in welche die Patricier erst seit dem Decemvirar ausgenommen wur¬
den; sie waren von den Staatsämtern ausgeschlossen und der persönlichen
Verpfändung unterworfen, welche ScrviuS zwar abschaffte, aber sein Nachfolger
wieder herstellte; ihre Versammlungen hießen comitia ti-iüuta. Die Ver¬
sammlungen der durch denselben König in den Classen und Centurien verei¬
nigten Patricier und Plebejer hießen coruitia centuriata. — Die Verfas¬
sung Rom's war aristocratisch- monarchisch. Das Könlgthum, dem der grie¬
chischen Heroenzeit nicht unähnlich, vereinigte die Oberfeldherrn- und Obcrrich-
tcrwürde und die Verrichtung der Opfer und wurde durch Wahl crtheilt und
durch den Senat beschränkt.