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Gärtner antwortete und sagte ihm, dass sie unten an der Wurzel
des fremden, amerikanischen Gewächses gehangen hätten. Nun
ging dem Herrn erst das rechte Licht auf, wie es oft zu gehen
pflegt, dass man z. B. klüger ist, wenn man vom ßathhause
kommt, als wenn man hinaufgeht, und dass nach der That der
kluge Rath kommt. Kurz, der Herr merkte, was sein Freund
Brake gemeint, hatte. Er liess die Knollen sammeln, zubereiten,
und lud dann die Herren wieder zu Gaste. Gewiss wurde wie¬
der mancher Trinkspruch ausgebracht. Wahrscheinlich wurde
wieder eine Rede gehalten, und der Inhalt derselben wird wohl
gewesen sein, dass der Mensch, wenn er blos nach dem urtheilt,
was an und auf der Oberfläche ist, und wenn er nicht auch tiefer
gräbt, bisweilen gar sehr irren könne. Und so ist es denn auch! —
45. Nützliche und schädliche Gewächse.
Daß die Gewächse im Allgemeinen mehr nützlich, als schädlich find, braucht
nicht erst bewiesen zu werden. Wovon sollten die Thiere, wovon die Menschen
leben, wenn keine Gewächse den Boden bedeckten? Wie traurig wäre der An¬
blick der Erde ohne das Grün und die übrigen Farben der Bäume, Sträucher,
Blumen und Gräser! Wo fänden wir Schatten, wo Material zu unseren Woh¬
nungen und Geräthen? Kurz, es läßt sich gar nicht sagen, was wir Alles dem
Pflanzenreiche verdanken. Mer ohne Mühe und Fleiß würden wir freilich nur
einen kleinen Theil dieser Vortheile genießen. Die Gewächse wollen auch von
den Menschen gepflegt sein. Selbst die wild wachsenden werden durch vernünf-
tige Nachhülfe der menschlichen Hand schöner und edler; wie vielmehr die zah¬
men, die ohne unsere Pflege gar nicht fortkämen. Durch menschliche Sorgfalt
find die verschiedenen Sorten der Baum- und Feldfrüchte und des Obstes ent¬
standen; ohne unser Zuthun trügen die Apfelbäume noch alle Holzäpfel und die
Birnbäume Feldbirnen. Ohne Bemühung von unserer Seite wäre kein Ge¬
wächs über Berg und Meer hin verpflanzt worden, wir hätten noch keine Kir¬
schen, noch keine Kartoffeln, noch keinen Klee. Selbst das Gras auf unseren
Wiesen wächst erst gut, wenn wir dieselben ebenen, düngen, wäffern. Gleich¬
wohl giebt es noch Leute genug, welche dies nicht einsehen und dem lieben Gott
Alles anheim stellen wollen, ohne selbst Hand anzulegen. Wie es der Aelter-
vater gemacht hat, so wollen es die Enkel forttreiben, wollen fich um alle Ber-
befferungen in anderen Gewerben und Ländern nicht kümmern, wollen einen
festen Termin für die Saat und für die Ernte einhalten, während sich doch
Saat und Ernte nach der Witterung richten muß. Wären unsere Vorfahren
ebenso eigensinnig und einsichtslos gewesen, — nun so wären alle guten Ein¬
richtungen des Landbaues, welche wir jetzt haben, nicht gemacht worden; denn
sie müffen doch auch einmal neu gewesen sein. Man weiß ja noch die Zeit,
wo es in Deutschland keine Kartoffeln, keinen Klee, keinen Kohl, keine Wei߬
rüben, wo es auch keinen Wein gab. Damals hat man sich allmählig bequemt;
man hat sogar Schlimmes von Fremden angenommen, z. B. den Branntwein,
welcher auch vor 200 Jahren noch unbekannt war. Es wird also wohl auch
künftig noch vernünfüge Leute geben, welche fich der Einführung neuer Ge-