Helvetier, oder die Schweiz. 
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wissen, so kamen wir ohne Fall und Straucheln an den Ort 
der Sicherheit. Unser Bedienter hingegen, den wir unten 
wiederfanden, und einer unsrer St. Gallischen Träger, gerade 
der beste Bergsteiger, waren gefallen, und in die größte Le¬ 
bensgefahr gerathen. Der Träger besonders war gleich nach 
seinem Fall in einen so reißenden Schuß gekommen, daß bei¬ 
de Niemen, womit unser Felleisen an seinem Nucken befestigt 
war, zerrissen, und er unfehlbar geschunden oder zerschmettert 
worden wäre, wenn er nicht glücklicher Weise ein Felsstück 
ergriffen hätte, das fest genug lag, um nicht mit ihm hinab¬ 
zustürzen. Das Felleisen sprang die Bergwand in schnellen 
und gewaltigen Sätzen hinab, und hätte beinahe den Bedien¬ 
ten getroffen, der dadurch gewiß noch viel gefährlicher ver¬ 
wundet worden wäre, als er sich durch seinen Fall an dem 
geschundenen und geschwollenen Arme verletzt hatte." 
„Wenn man sich nach solchen Gefahren, dergleichen wir 
in den letzten Stunden überstanden haben, zum ersten Mal 
ganz wieder in Sicherheit fühlt, so wird man mit einer un¬ 
aussprechlich süßen Empfindung überströmt, die aus der Er¬ 
leichterung der unterdrückten Natur entsteht. Wir waren alle 
im höchsten Grade erhitzt, und besonders brannte mir das Ge¬ 
sicht, wie ich es nie gefühlt hatte; allein keiner von uns 
fand sich erschöpft, indem die Angst alle Müdigkeit zerstreut 
hatte. Wir machten uns daher nach einer kurzen Ruhe von 
neuem auf den We§, in der gewissen Hoffnung, daß wir 
nun bald an das Ende unsers Tagewerkes kommen würden. 
Aber auch diesmal wurde unsre Hoffnung auf die unangenehm¬ 
ste Art getäuscht." 
„So rauh der Fußsteig gleich anfangs war, so merk¬ 
ten wir doch die Beschwerden des Gehens gar nicht, weil 
sie mit keinen Gefahren verbunden waren. Nach einer 
halben Stunde erreichten wir die ersten Hütten, die in die¬ 
ser fürchterlichen Bergkluft erbaut sind, und die wahrschein¬ 
lich nur im Sommer bewohnt werden. Hier schien uns das 
Thal, in welchem der Rhein floß, noch eben so tief, als eine 
Stunde vorher, und eben so kam es uns vor, als wir noch 
eine halbe Stunde, und wiederum eine halbe Stunde gegangen 
waren, so daß man fast hatte glauben sollen, der Rhein und 
seine Ufer sanken in eben dem Verhältnisse weg, in welchem wir 
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