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wohn er waren ausgewandert. Mehre Versuche dieser Ausgewander¬
ten zur Befreiung ihres Vaterlandes wurden durch Alba vereitelt.
Als aber dieser durch Ausschreibung drückender Steuern die allgemeine
Unzufriedenheit immer,mehr steigerte und die sogenannten Meer¬
geusen in kühnem Überfalle einiger Städte sich bemeisterten, so
errichteten mehre Provinzen zu Gent (1576) eine Pacifikation
zur Vertreibung der fremden Söldner. Der fast 68jährige Kampf,
den jetzt die kleinen Provinzen gegen den mächtigsten Herrscher der
damaligen Zeit, in dessen Landern die Sonne nie unterging, erhoben
und in dem sie siegreich bestanden, ist höchst tröstlich und lehrreich,
weil er uns zeigt, daß, wo wahre Begeisterung für das Rechte und
Gute ist, auch der Segen von Oben nicht fehlt.
Nachdem der tapfere und kluge Prinz Alexander von Parma
(Statthalter von 1578—1592) die südlichen oder belgischen, ka¬
tholischen Provinzen durch einen Vergleich zur Wiederunterwerfung
vermocht hatte, errichteten die nördlichen oder batavischen Provin¬
zen zu Utrecht (1579) eine Union und erklärten sich, als der
Graf Wilhelm von Nassau-Oranien, der bisher die Seele des
ganzen Unternehmens war, geächtet wurde, unabhängig von Spa¬
nien. Zwar siel der weise Wilhelm'durch einen Meuchelmörder
(1584); aber sein rüstiger Sohn Moritz trat nun an seine Stelle.
Um die Niederlande und England, dessen Königinn Elisabeth der
jungen Republik einige Unterstützung sendete, zugleich zu züchtigen,
rüstete Philipp seine §roße unüberwindliche Flotte (Armada)
aus, die aber durch Sturme und Englands kräftigen Widerstand fast
ganz zernichtet wurde (1588). Durch diese ungeheure Anstrengung
ward der Wohlstand Spaniens erschöpft, dessen bisherige Herrschaft
zur See nun an die Engländer und Niederländer überging. Auch
eroberten diese viele spanische Kolonien und bekamen dadurch bald den
Welthandel in die Hände. Der Krieg wurde von Seiten des erschöpf¬
ten Spaniens nur noch schwach fortgeführt; es mußte endlich im
Frieden zu Münster (1648) die Unabhängigkeit der batavischen
Republik, die von einer vorherrschenden Provinz gewöhnlich den Na¬
men Holland führt, anerkennen. Die Republik wurde durch die
Generalstaaten oder Stände geleitet, die einzelnen Provinzen durch
Statthalter. Lange Zeit war die Republik der erste See- und Han¬
delsstaat Europas, bis sie durch innere Parteiungen der Anhänger
und Gegner des Hauses Oranien zerrüttet wurde. Die General¬
statthalterwürde wurde in diesem Hause endlich erblich (seit 1674).
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Die Reformation in England.
Zur Zeit der Reformation herrschte in England der tyrannische
König Heinrich VIII. (1509 — 1547) aus dem Hause Tudor,
der trotz der bedeutenden Freiheiten und Rechte, welche das englische