Full text: Geschichte des Alterthums (Bd. 1)

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Pisislratus, Tyrann von Athen. 
angemessene Gesetze. Ehescheidungen erlaubte er nur in gewis¬ 
sen Fällen, und seine Gesetze sorgten überhaupt dafür, daß das 
eheliche Verhältniß, diese Grundlage der öffentlichen Glückselig¬ 
keit, heilig gehalten wurde. Allein der Zustand der Frauen blieb, 
was höhere Bildung betraf, in Athen auf der niederen Stufe 
des Orientes, und nur diejenigen Frauen, welche sich über Zucht 
und Ehrbarkeit hinwegsetzten (Hetären) erlangten Einfluß und 
Bedeutung. Ueber die Erziehung der Kinder wachte der Senat. 
Vornehmlich sollte der Müßiggang, die Quelle der Armuth und 
des Lasters, aus Attica verbannt werden. Daher kam es dem 
Areopag zu, zu untersuchen, wovon jeder sich nährte, und die 
Müßiggänger zu bestrafen. Der Sohn aber war zu der Ver¬ 
pflegung des alten Vaters nur dann verpflichtet, wenn dieser ihn 
eine Kunst hatte lernen lassen. 
Außer den Bürgern gab es Schutzverwandte, fiiroixoi, 
die kein Grundeigenthum erwerben durften, und durch einen 
Patron, nQoaidirjs, vertreten wurden. Die Anzahl der Scla- 
ven ward durch die vielen Kriege immer größer. Ihrer Ar¬ 
beit dankte es der Athenäer, daß er ganz den Staatsgeschäften, 
dem Kriege, dem Handel und den öffentlichen Vergnügungen 
leben konnte. Erst spät wurden auch Hellenen als Sclaven er¬ 
kauft. Das Gesetz schützte aber in Athen die Sclaven vor Tödt- 
ung und Mißhandlung. 
12. Pisislratus erlangte die Tyrannis. 
Als Solon nach Ertheilung seiner von dem Volke für 
100 Jahre beschworenen Gesetze sich aus Athen entfernte, erlangte 
ein anderer Kodride, (561) Pisistratus, mit Hülfe der ärmeren, 
aber zahlreicheren Bürger die Alleinherrschaft über Athen. Zwar 
wurde er, hauptsächlich durch den Alcmäoniden Megacles, zwei¬ 
mal (560 und 552) vertrieben, aber nachdem er (538) sich 
zum drittenmal der Tyrannis bemächtigt hatte, behauptete er 
dieselbe bis an seinen Tod (528), und sie erbte sogar bei sei¬ 
nen Söhnen fort. Uebrigens war Pisistratus keineswegs Ty¬ 
rann in unserm Sinne des Worts; vielmehr war, so lange er 
an der Spitze der Regierung stand, sein Leben dem Heile 
Attica's geweiht. Seine Milde und Wohlthätigkeit konnten selbst 
seine Gegner nicht verkennen. Er suchte, wie Solon, den 
Müßiggang aus Attica zu verbannen, und besonders den Acker-
	        
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