223 
reich gesegneten Landes. Aber unsere Nachbarn in den anderen 
Theilen werden es uns schon gestatten, daß wir bei einer Rund¬ 
schau auf das preußische Thüringen auch ihnen etwas über den 
Zaun gucken, damit wir uns mit ihnen des reichen Segens freuen 
können, welchen der liebe Gott dem Lande geschenkt hat. 
Bon den Höhen des Thüringer Landes blickt man in Thäler 
hinab, in denen Dorf an Dorf, Feld an Feld liegt. Zunächst 
den Flüssen und Bächen breiten sich Wiesen aus, dann Feldfluren 
und oben die Wälder. Die Dörfer sind von herrlichen Obstan¬ 
pflanzungen umgeben, -und die Felder prangen in Fruchtbarkeit 
wie Gärten. Hier siehst du Weizenflächen, grün und dunkel, dort 
goldgelbe Rübsengefilde, da Fenchel, Anis, Kümmel, Flachs re. 
Und das Alles kannst du wie eine Karte überschauen, wenn du 
einige hundert Schritte auf die Höhe gehst. Du lagerst dich unter 
eine Buche und schauest Meilen lange Ebenen mit ihren Dörfern, 
Feldern, Gärten, Wiesen und Wäldern. Hinter dir hörst du im 
Walde das Geklingel der Heerde und die Axt des Holzhauers. 
— Der Thüringer hat Alles, was Deutschlands Boden und Wit¬ 
terung erzeugen kann, und das Alles dicht bei einander. 
Die Thiere des Thüringer watdes. 
Die alten Eichen auf dem Thüringer Walde haben schon an¬ 
dere Zeiten erlebt, als du. Da steht noch manche, die in ihver 
Jugend die Wölfe im Walde hat heulen hören, und der wilde 
Bär hat sich an ihrem Stamme gerieben, oder der blutdürstige 
Luchs hat in ihren Zweigen gelauert. Damals war der Mensch 
nicht «sicher im Walde. 
Jetzt ist der Wald frei von solchen Thieren, und du kannst 
froh und sorglos durch das Dickicht gehen. Die Hirsche, Rehe, 
Hasen und Füchse, die noch den Wald bewohnen, laufen davon, 
wenn sie dich sehen; und die wilden Schweine, die sich noch hie 
und da finden, sind unschädlich und meist eingehegt in Wildgär¬ 
ten. — Das einzige Thier, das du noch zu fürchten hast, ist die 
giftige Kreuzotter, die hie und da im Strauchwerk schleicht. Wen 
sie beißt, der kann den Tod davon tragen oder eine schlimme 
Wunde, wenn er nicht schnell Laugensalz oder Vitriol in die frische 
Wunde bringt. 
Das Wild des Waldes gehört fast überall dem Fürsten. 
Dieser läßt von seinen Forstleuten Jagd auf dasselbe machen, daß 
es sich nicht zu sehr vermehre und dem armen Bauer nicht seine 
Feldfrüchte fresse oder zertrete. 
Den Waldleuten erlaubt der Fürst die Benutzung der Wald- 
weiden; auf denen grasen dann die schmucken Viehheerden und 
lasten ihr schönes Geläut weit durch den Wald ertönen. — Auch 
dürfen die Leute, die einmal das Recht dazu haben, im Herbste
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.