Poetische Entwicklung des jonischen Stammes. 149
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-au, welchen man zu vernachlässigen anfing, emporzubringen.
Selbst gebildet und ein trefflicher Redner, förderte er Künste und
Wissenschaften. Er schmückte Athen mit prächtigen öffentlichen
Gebäuden; er sammelte zuerst Bücher unp brachte Homers Ge¬
sänge in die Ordnung, in welcher wir sie jetzt besitzen. In
gleichem Sinne regierten auch seine Söhne Hippias und
Hipparch. Der Letztere verordnete, daß der öffentliche Vor¬
trag der homerischen Gesäuge einen Theil der Unterhaltung bei
den panathenäischen Festlichkeiten ausmachen sollte, auch rief er
die Dichter Anacreon und Simonides zu sich.
13. In Athen entwickelt sich der Sinn für Wissenschaft und
Kunst.
Im Ganzen genommen erhielten sich aber auch unter der
neuen Herrschaft die von Solon gegründeten Einrichtungen. Ihnen
war es auch zu danken, daß in Athen der Sinn für Wissenschaft
und Kunst, die Sparta nicht kannte, zu lebendiger Entwicklung
kam, überhaupt auch andere Richtungen sich geltend machten, als
die in den Zwecken des Staates lagen.
So geschah es denn, daß seit Solon auch Dichtkunst und
Philosophie immer glücklicher unter den Griechen aufblühten, und
seine Gesetzgebung trug wohl sehr viel dazu bei, daß Athen bald
der Sitz und Mittelpunkt griechischer Bildung wurde.
14. Entwicklung der lyrischen Poesie bei den Jonern.
Zwar hatte der Heldengesang zu verstummen angefangen,
aber durch Solon und die Pisistratiden wurden die homerischen
Gesänge allgemeiner bekannt gemacht, und zwar in einem Zeit¬
punkte , wo bei der Furchtbarkeit des, sich bald darauf erhe¬
benden, persischen Weltreiches die Erinnerung an die große -grie¬
chische Heldenwelt für die Griechen doppelt wohlthätig war. Der
Heldengesang selbst konnte allerdings nicht mehr zu neuem Le¬
ben erweckt werden, denn seine Zeit war vorüber. Dagegen
war mit der Veränderung der bürgerlichen Verfassung in den
griechischen Staaten für die Dichtkunst ein neuer Wirkungs¬
kreis eröffnet worden. Die kunstreichere Entwickelung der lyri¬
schen Poesie der Griechen hatte begonnen. Nicht das Alterthum,
nicht die Helden und ihre Thaten waren jetzt der vorherrschende
Gegenstand der griechischen Dichtkunst, sondern Bürgerfreiheit,