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69. Die Schweizer Alpen.
In ernstem, feierlichem Schweigen folgen auf Kähnen die Leidtragenden der
Leiche eines Verstorbenen, welche zu Wasfer nach dem Gottesacker gebracht wird.
Zu Kahne besucht der Förster sein Revier, in Kähnen werden die Ernten heim¬
geholt. Der Fremde, welcher zur Sommerzeit in diese Gegend kommt, hat
einen reichen Genuß. Die hohen, uralten Eichen und Erlen, welche die Ufer
besäumen, bieten in der Sommerschwüle erquickenden Schatten und spiegeln ihr
dunkles Laub lieblich in dem klaren Wasser. Unter einem Laubdache gleitet das
Fahrzeug sanft dahin. Und wenn nun gar der Abend hereinbricht und der
Mond sein blasses Licht durch das leise flüsternde Laub der Bäume wirft, dann
ist der Anblick überaus köstlich.
Ein ganz anderes Bild gewährt der Winter. Kaum hält das Eis, so
schnallt sich jeder Schlittschuhe an. Das arme, alte Mütterchen, das sich Lese¬
holz sammelt, der Holzhauer, der Förster, Männer, Weiber und Kmder, alle
gleiten dann pfeilschnell über die spiegelblanken Kanäle.
Noch vor wenigen Jahren war der Spreewald belebt von mancherlei
Tiergeschlechtern, die hier ihr Wesen trieben. Hirsche und Rehe gab es in Menge.
Besonders fanden Wasservögel, als Kraniche, Schwäne, Störche, weiße und
schwarze Auerhähne, Birkhühner u. a. reichliche Nahrung. Heut ist das anders
geworden; die Kugel des Jägers hat arg aufgeräumt.
Die Bewohner des Spreewaldes treiben Fischfang, doch leben sie auch
vom Gartenbau. Der Boden zeigt einen üppigen Pflanzenwuchs und das Gras
kaun öfter im Jahre geschnitten werden. Man führt das Heu nicht ein, sondern
stellt es in Haufen in Form eines Zuckerhutes auf, nachdem man eine passende
Unterlage gebaut hat, um es vor Überschwemmungen zu schützen. Kutzner.
69. Die Schweizer Alpen.
nter den Alpen versteht mau die den Norden von Italien umklammernden,
weit ausgedehnten Gebirge, deren Gipfel größtenteils mit ewigem Eis und
Schnee bedeckt sind. Am höchsten sind die Kuppen an den Grenzen der Schweiz
gegen Italien.
Auf den Schweizer Alpen weiden zahlreiche Viehherden, die von den
Hirten, welche Älpler oder Sennen heißen, gehütet werden. Hier werden den
kurzen Sommer über jene weltberühmten Käse bereitet, deren Güte sich stets
nach der Höhe der Alp richtet, auf der sie gemacht werden, so daß die Käse
der höchsten Alpen denen weit vorgezogen werden, welche, wenn gleich aus
schönen Alpen, doch in geringerer Höhe, oder gar in den Thälern bereitet
werden. Die Männer versehen hier das Geschäft des Melkens und der Käse¬
bereitung. Butter wird wenig gemacht, sie ist auch nicht von besonderer Güte.
Während des Sommers wohnt der Senn in hölzernen Hütten, Sennhütten
genannt, in denen auch der Reisende oft ein Obdach sucht, und dann mit der
einzigen Kost dieser Hirten, Milch, Molken und Käse, vorlieb nehmen muß.
Wo die grünen Alpen aufhören, beginnt die Gegend des ewigen Eises und
Schnees, ivelche die höheren Gipfel bekleiden. Diese Grenze ist oft so scharf
abgeschnitten, daß man den einen Fuß auf Rasen, den andern aus Eis setzen,
mit der einen Hand den Schnee berühren, mit der andern blühende Pflanzen
greifen kann. Die Berge mittlerer Größe oder solche, deren Gipfel rund und