174 
Mitte! ersonnen. BonifacruS 8., ein Papst der um das 
Iahe 1300 lebte, hatte ein Jubeljahr ausgeschrieben d. i. 
wer in diesem Jahre nach Rom wallfahre, und dort die Ver¬ 
gebung seiner Sünden erkaufe, solle von aller Strafe des Him¬ 
mels frei seyn. Dies sollte alle hundert Jahre wiederholt wer¬ 
den. Es fand sich eine so ungeheure Menschenmenge ein, daß 
die folgenden Papste dies treffliche Mittel, zu recht vielem 
Gelde zu kommen, alle 50, hernach alle 30, und zuletzt alle 25 
Jahre wiederholten.^) Aber ein noch einträglicheres Mittel, 
das arme Volk um sein Geld zu bringen, war der Ablaß. 
Der Beichtvater hatte zwar, nach der Meinung der Kirche, das 
Recht, den Beichtenden ihre Sünden zu vergeben; aber Gott 
behielt sich doch noch einige Strafe vor. Wenn diese nicht in 
diesem Leben gebüßt würde, so müßte der Sünder nach dem 
Tode im Fegefeuer so lange brennen, bis die Schuld ausgetilgt 
sey. Wer nun aber auch jene von Gott -sich vorbehaltene 
Strafe los seyn wollte, brauche nur den Ablaß zu kaufen, d. i. 
er bekam einen Zettel, für den er eine bestimmte Summe bezah¬ 
len mußte, und wodurch ihm die Erlassung von Strafe zuge¬ 
sichert wurde. Um nun dem Volke den Kauf der Ablaßzettel 
recht leicht zu machen, schickte er Leute herum, die ihn recht un¬ 
verschämt anpreisen mußten. Auch konnte man Zettel bekom¬ 
men, durch welche man vom Fasten und von geleisteten Gelüb¬ 
den entbunden wurde, und die Eclaubniß erhielt, gestohlenes 
Gut zu behalten oder Gewaltthätigkeiten auszuüben. Das dafür 
gelöste Geld kam nach Rom: nur dann und wann ließ der 
Papst auch diesen oder jenen Fürsten an dem Gewinn Antheil 
nehmen. So erlaubte der Papst dem Kurfürsten von Sachsen 
den Verkauf des Ablasses auf zwanzig Jahre, damit von dem 
Ertrage die abgebrannte Stadt Freiberg wieder aufgebaut 
würde; den vierten Theil aber behielt sich der Papst vor. 
Gegen diese und viele andre Mißbräuche hatten sich dann 
und wann fromme und verständige Männer aufgelehnt. Die 
Albigenser, Wiklef, Huß und andere sind schon genannt worden- 
*) Selbst ln unfern Tagen, 1825, ist vom Papst Leo 12. ein solches 
Jubeljahr gehalten, aber freilich nicht so stark wie in jenen Jahr¬ 
hunderten des Aberglaubens benutzt worden.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.