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ncn, ihn anzugrcifcn. Als er aber 1613 einen Brief drucken
ließ, in welchem er einem Freunde in Deutschland auseinander
setzt, daß es nun gewiß sey, daß die Sonne stille siehe, und
die Erde mit den übrigen Planeten sich um sie bewege, singen
sie ein großes Geschrei an: er sey ein Gotteslästerer; denn
diese Behauptung widerstreite offenbar der Bibel, wo es Jos.
10, 12, 13 ausdrücklich heiße, die Sonne und der Mond hat¬
ten aus Gottes Geheiß an dem Tage, an welchem Iosua die
Amoritcr geschlagen hatte, siill gestanden; darauf folge also,
daß sie sonst sich bewegten, und dies abzuleugncn, und die Bi¬
bel Lügen zu strafen, sey ein Verbrechen u. s. w. Galilei lä¬
chelte über die Einfalt dieser Leute, und suchte sie zu überzeu¬
gen, daß jene Stelle ja nicht wörtlich zu nehmen sey. „In
Streitfragen über natürliche Gegenstände solle man sich nicht,"
so schreibt er, „auf das Zeugniß der heiligen Schrift, sondern
auf sinnliche Erfahrungen beziehen. Die Natur kommt ja nicht
weniger als die heilige Schrift von Gott her. Es war noth-
wendig, sich in den heiligen Schriften zu dem gemeinen Men¬
schenverstand zu bequemen, und manches zu sagen, was doch
beim ersten Anblick und im buchstäblichen Sinne der Wahrheit
widerspricht; die Natur aber ist unerbittlich und unveränder¬
lich" u. s. w.
Die Dominicaner aber nannten ihn einen Ketzer, und ver¬
klagten ihn bei dem Papste. Er begab sich deshalb selbst nach
Nom, um das Ungewitter zu zerstreuen, und gab sich besonders
Mühe, die Erlaubniß auszuwirken, über wissenschaftliche Ge¬
genstände frei schreiben zu dürfen. Uns scheint zwar, als wenn
sich das von selbst verstände; aber so war es damals in den
katholischen Ländern nicht, weil der Geistlichkeit mehr daran
lag, Unwissenheit und Aberglauben zu unterhalten, als Wahr¬
heit und Aufklärung zu verbreiten, und es wurde wirklich das
ausdrückliche Verbot erlassen, Bücher zu kaufen und zu lesen,
welche behaupteten, daß die Bewegung der Erde der heiligen
Schrift nicht zuwider wäre. Fürs erste wurden seine Feinde
zum Schweigen gebracht.
Indessen arbeitete er ein Werk aus, in welchem er alle
seine Entdeckungen am Himmel auseinander setzte, und wählte