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kenden Säfte zuführen, und alle Glieder wurden matt. Da sahen fie 
ein, daß sie dem Magen Unrecht gethan hätten, und er doch nicht so 
müßig sey wie er scheine. Sie führten ihm nun wieder Speise zu, 
damit er sie dafür nähre und stärke. Seht ihr wohl!" setzte Mene- 
nius hinzu, „das ist ganz der Fall zwischen euch und uns. Keiner 
kann ohne den andern bestehen; einzeln reiben wir uns selbst auf; 
vereinigt giebt einer dem andern Kraft." Die Plebejer gaben seiner 
Meinung Recht, und meinten, sie seyen bereit zurückzukommen, wenn 
man ihnen die Schuld erließe, und ihnen erlaubte, Magistratspersonen 
zu wählen, welche über ihre Rechte wachten. Das wurde ihnen be¬ 
willigt. Sie durften jährlich Volkstribunen aus sich selbst wählen, 
welche zwar nicht in den Senat selbst kommen durften, aber an der 
Thüre des Versammlungssaales saßen, und alles, was da verhandelt 
wurde, hören konnten. Sobald nun dort etwas beschlossen wurde, 
was dem Volke nachtheilig war, so riefen sie: veto! d. i. ich will 
nicht! hinein, und der Beschluß war ungültig. Auch waren ihre Per¬ 
sonen unverletzlich. Ihre Zahl, anfangs 2, wurde bald bis auf 5, 
späterhin auf 10 vermehrt. — Freilich war diese Einrichtung später¬ 
hin oft die Ursache großer Volksbewegungen; indessen bekam Rom doch 
fürs erste in seinem Innern Friede. 
Aber nur fürs erste. Denn schon zwei Jahre darauf singen 
neue Streitigkeiten an, die zum Glücke bald beigelegt wurden. Es 
war nämlich eine Eheurung entstanden, und ein Stand schob die 
Schuld auf den andern. Die Plebejer glaubten, die Patricier hätten 
die Hungersnoth absichtlich yerbeigeführt, um sich an ihnen zu rächen, 
und diese wieder meinten, jene wären schuld, weil durch ihre Auswan¬ 
derung die Aecker unbebaut geblieben wären. Der Senat schickte 
Schiffe nach Sicilien, und kaufte Korn auf. Als dies ankam, berath- 
schlagte man, ob man es dem armen Volke unentgeltlich geben oder 
verkaufen sollte. Schon wollte man sich für das erstere entscheiden, 
als Cajus Marcius Coriolanus (den Beinamen hatte er wegen 
der Eroberung der volskischen Stadt Corioli bekommen) unwillig auf¬ 
sprang, und rief: „will das Volk von unserm Getreide essen, so muß 
es auch dem Sena^ seine alten Rechte wieder einräumen. Der Pöbel 
mag ausziehen, wohin er will; der heilige Berg und jeder andere steht 
ihm frei. Er schreit über Hunger; das verdient er. Nur Elend und 
Noth, glaubt mir, kann ihn zur Pflicht und Vernunft zurückbringen." 
Coriolan aber war gegen das Volk so aufgebracht, weil er kurz vor¬ 
her bei der Consulwahl durchgefallen war; denn man haßte ihn als 
einen sehr stolzen Mann. Das Volk erfuhr bald die geäußerten Ge¬ 
sinnungen. „Wie?" rief es, „man will uns also dem Hungertode 
preisgeben?" und schon wollte es den Saal stürmen, und den Corio¬ 
lan zerreißen, als es noch den Tribunen gelang, es zu beruhigen.
	        
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