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wichter waren seine Söhne, besonders Casar Borgia; er ermordete
seinen eigenen Bruder, riß mehrere Städte des jetzigen Kirchenstaats,
um sich eine Herrschaft zu erwerben, an sich, und wandte dazu Ge¬
walt und Hinterlist an. Alle Nächte fielen Mordthaten vor, und
wenn ein bedeutender Mann plötzlich starb, zweifelte Niemand, daß
er vom Papste oder dessen Sohne vergiftet worden sey. Uebrigens
war die Macht der Päpste im jetzigen Kirchenstaate noch nicht so groß
wie heute; viele Städte gehörten noch den mächtigen Familien der
Colonna, Ursini und Anderen, und wurden erst nach und nach durch
Gewalt und List dem heiligen Stuhle unterworfen.
In Florenz endlich herrschte das durch Handel reich und mäch¬
tig gewordene und durch Kunstliebe ausgezeichnete Haus Medicis,
obgleich der Staat noch eine Republik war. Das Haupt dieses edlen
Hauses war damals Lorenzo mit dem Beinamen Magnifico, als
Freund der Wissenschaften und Künste bekannt. Da er (1492) starb,
folgte ihm sein Sohn, Peter von Medici, der seinem Vater an
Kraft und Seelengröße weit nachstand.
Die Kriege, welche lange Zeit in und über Italien geführt wur¬
den, veranlaßte zunächst der Ehrgeiz des ränkevollen Ludwig Moro.
Er hatte sich, wie gesagt, nach dem Tode seines Neffen, zum Herzog
von Mailand aufgeworfen, und den Kaiser Maximilian dadurch, daß
er ihm seine Nichte Blanca Maria mit einem reichen Heirathsgut
anbot, bewogen, ihn mit der herzoglichen Krone zu belehnen. Aber
Moro bedurfte eines kräftigeren Bundsgenossen; denn Alfons von
Neapel, dessen Tochter, Wittwe des eben an Gift gestorbenen Johann
Galeazzo Maria, um Rache schrie, rüstete sich zu einem Einfall in
Mailand. Darum wandte sich Moro an den jungen König von
Frankreich, Karl 6. (1483 — 98), und redete ihm zu, einen Angriff
auf Neapel zu unternehmen. Dies der Ursprung des Kriegs.
Karl 8. war seinem Vater Ludwig 11. in dem zarten Alter
von 13 Jahren gefolgt, und stand unter dem Einfluß seiner älteren,
sehr klugen Schwester, der Anna von Beaujeu, Frau des nach-
herigen Herzogs von Bourbon. Seine Ansprüche auf Neapel grün¬
deten sich darauf, daß der letzte Sprößling des Hauses Anjou (Karl
von Anjou, ein Neffe des Renatus) seine vermeintlichen Rechte auf
das Königreich dem Könige Ludwig 11. vermacht hatte. Von Moro
aufgemuntert, beschloß Karl 8., seine Ansprüche jetzt geltend zu machen.
Ohne Widerstand zu finden durchzog Karl 1494 Oberitalien, hielt
seinen Einzug in Florenz, wo Peter von Medici von den Bürgern
verjagt war, dann auch in Rom, wo Alexander 6., aus Furcht vor
Entsetzung, die Hand zu einem Bündnisse bot, und näherte sich Nea¬
pel. Alfons 2. verlor den Muth, übergab die Krone seinem Sohne
Ferdinand 2., und zog sich nach Sicilien zurück, wo er bald dar-
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