Muhamed.
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zu sprechen. Als er ihnen erklärte, daß der einige Gott ihn zum Pro¬
pheten erwählt habe, wurde er verlacht, und als er sich unterfing, ih¬
nen wegen ihres Götzendienstes und wegen ihrer Unsi'ttlichkeit Vorwürfe
zu machen, fühlten sie sich bitter gekrankt und sie verfolgten ihn. Dies
machte ihn noch kühner; offen predigte er nun vor den Einwohnern
Mekka's und den vielen Fremden, die dorthin kamen. Der Götzen¬
dienst, so lehrte er, ist etwas Unwürdiges; es ist nur Ein Gott, der
Alles beherrscht; Adam, Noah, Abraham, Moses, Christus waren Pro¬
pheten, aber eine vollkommnere Offenbarung, als durch sie, sollte der
Welt zu Theil werden in Muhamed; welcher der größte Prophet ist.
Durch Tugend will Allah (so nennen die Araber die Gottheit) verehrt
werden. Tugendhaft ist, wer ganz in den göttlichen Willen und in
Gottes Schickungen sich ergiebt; wer mit Andacht betet, fünfmal des
Tages, das Gesicht auf die heilige Kaaba zu gewendet; wer fastet, wie
die Religion es vorschreibt, und die festgesetzten Abwaschungen nicht
versäumt; wer mildthätig ist gegen Arme und Fremde, bereit den zehn¬
ten Theil seines Einkommens als Almosen darzubringen; wer ferner
Redlichkeit liebt und Keuschheit übt, und des Weins sich enthält, und
endlich, wer die Sache Muhameds, die Gottes Sache ist, tapfer ver-
theidigt bis in den Tod. Beten — so pflegen die Anhänger Muha¬
meds zu sagen — führt auf halbem Wege zu Gott, Fasten bringt an
die Pforte des Himmels und Almosen eröffnen die Thür. Die Se¬
ligkeit der Seligen wird unter den reizendsten Bildern, und die Pein
der Verdammten in den grauenhaftesten Farben dargestellt. Zm Pa¬
radiese, wo die Gläubigen einst weilen, werden Ströme von Milch,
Wein und dem reinsten Honig fließen, die Seligen werden auf seide¬
nem Polster ruhen und die ausgesuchtesten Früchte genießen; zwei und
siebzig der schönsten Jungfrauen, deren Jugend nie verblüht, werden
dort einem jeden der Gläubigen dienen. Die Verdammten aber wer¬
den einst gestraft in ewigem Feuer, wo sie nicht leben und doch auch
nicht sterben können; so oft ihre Haut durch die Gluth zerstört ist,
wird Allah sie mit neuer Haut umkleiden, damit sie neuer Qualen
theilhaftig werden können; verdorbenes Fleisch wird ihnen zur Speise
gereicht und heißes Wasser soll ihr Labetrank sein. — Die Lehre Mu¬
hameds hatte neben manchem Anstößigen auch Ansprechendes; jenes
wurde durch die eigenthümliche Ansi'chtsweise des Morgenlandes auffal¬
lend gemildert. ^
§ 60. In der Stadt Jatreb oder Medina (wie sie später ge¬
nannt wurde), dir nördlich von Mekka liegt und nächst dieser die wich¬
tigste Stadt Arabiens war, gewann Muhamed viele Freunde; in Mekka
selbst aber wurde er arg verunglimpft; der Haß gegen ihn stieg so hoch,