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b. Wohnungen.
9. Die Gebäude.
Wenn dem Jäger und Fischer auch die Höhle und dem Noma¬
den das tragbare Zelt zur Wohnung genügten, so konnten doch solche
Wohnungen nicht mehr ausreichen für die Bedürfnisse des Acker¬
baues. Der Landmann mußte nicht nur eine feste, dauerhafte Woh¬
nung für sich und seine Familie haben; sondern auch bei schlechter
Witterung im kälteren Klima Obdach für sein Vieh und trockene, be¬
schützte und umschlossene Räume für die Vorräthe an Nahrung, für
Ackergeräthe u. s. w.
War das Zelt des Nomaden aus der Nachahmung des wandel¬
baren Obdachs entstanden, welches die Bäume des Waldes bildeten,
so entstand die erste feste Wohnung des Ackerbauers aus Nachahmung
der unwandelbaren Höhlenwohnung; das Baumaterial war nach
den örtlichen Verhältnissen verschieden; bestanden die Höhlenwände
aus lockeren und leichtbrüchigen Felsmassen, so schaffte man solche
auf die freie Ebene und baute daraus die feste Wohnung; wie sich
denn der Gebrauch in einigen Gegenden noch erhalten hat, aus den
Felsmassen des Gebirges die Quader für die Wohnungen der Men¬
schen zu spalten oder zu sägen. Wo die Gegend aber nicht ein solches
natürliches Baumaterial lieferte, da mußte die Kunst es schaffen, und
so finden wir in Egypten, Assyrien und Babylon schon früh Ziegel
als Baumaterial. Anfangs waren diese Ziegel nur in der Sonne ge¬
trocknete Thonquader; erst später lernte man dieses Baumaterial im
Feuer brennen und unauflöslich im Regen machen; selbst zur Zeit
als die Israeliten in der egyptischen Sklaverei lebten, konnte das Zie¬
gelbrennen am Stoppelfeuer nur ein härteres Austrocknen der Son¬
nenziegel sein.
In anderen sonnenärmeren aber holzreicheren Gegenden wählte
man zu der festen Wohnung ein Mittelding zwischen dem Nomaden¬
zelt und der Höhlenwohnung, indem man Holzpfosten in die Erde
grub, die Wände mit Buschwerk ausflocht und die Zwischenräume in
Ki rchmann, Gesch. d. Arb. u. Cultur. 4