Full text: Handbuch der Vaterlandskunde

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Kuh im Zunehme, gcit viel Milch, und ganz gute Milch. Jetz gucket, 
so gohts! 
Besonders reich sind manche Gegenden an Sagen von Gespenstern 
und umgehenden Seelen. Sie haben zu ihren Lebzeiten entweder im 
Verborgenen böse Thaten verübt, oder Schatze vergraben, an denen ihr 
Herz hing rc. 
So erzählt man z. B- in der Umgegend von Gomaringen von einem 
gewissen Kasperle, der einst Vogt in Gomaringen gewesen sein und die Ge¬ 
meinde um Ländereien betrogen haben soll. Deßhalb mußte er nach seinem 
Tode umgehen und spuckte in seinem Hause. Da ist er oft in seiner weißen 
0 Zipfelkappe, mit weißen Strümpfen und Schnallschuhen, die Pfeife im Mund 
gesehen worden, und klopfte und polterte im ganzen Hause so arg, daß 
Niemand mehr darin wohnen wollte, und man es am Ende einem Schreiner 
umsonst überließ. 
Am ärgsten lärmte er um die Weihnachtszeit. Da sprang er z. B. in 
der Viehkrippe umher, daß die Kühe vor Angst brüllten, worüber er 
jedesmal laut lachte. Ferner band er das Vieh verkehrt an, zwei Stücke 
an einen Strick zusammen u. dgl. Wenn er es aber gar zu toll machte, 
rief der Hausherr wohl einmal: „Jetz biss aber still!" dann gings wieder eine 
Weile gut. Aber bald trieb er aufs Neue seine Streiche, zog z. B. den 
Knechten, die Futter schneiden wollten, Heu und Stroh aus dem „Stroh- 
ftuhl", wenn sie das Messer wetzten rc. 
Um Weihnachten ging er immer aufs Feld und klopfte beständig an 
einem Marktstein herum, den er wahrscheinlich versetzt hatte. Auch führte 
er eine große Schnupftabaksdose bei sich, die wie grünes Moos aussah, und 
bot sie den Leuten an; wollte aber Jemand zulangen und eine Prise nehmen, 
so zog er sie schnell wieder zurück. 
Als endlich das Haus abgebrochen und das Holz nach Gomaringen ge¬ 
führt wurde, spottete man über den Käsperle, der nun allein Zurückbleiben 
müsse; allein als der letzte Wagen mit Holz abfuhr, saß der Käsperle oben 
d'rauf, wovon der Wagen so gedrückt wurde, daß er sich ganz zufammenbog 
und brechen wollte. In Gomaringen wagte es aber Niemand, den Wagen 
abzuladen, bis der Geist fortgesprungen war. Sowie nun aber das Holz 
verbaut war, stellte sich auch Käsperle in dem neuen Hause ein und trieb darin 
sein altes Wesen fort, bis man vor etwa 10 Jahren sein Grab öffnete, wo 
er noch unverwest und blutig vorgefunden wurde. Dann hat man ihn zum 
zweitenmal in Gomaringen begraben, und seitdem ist er nicht mehr gesehen 
noch gehört worden: „er wird nun wohl erlöst sein!" 
Zwischen Schwärzloch und dem Ammerhof bei Tübingen sieht man all¬ 
jährlich zur Weihnachtszeit fünf „Untergänger". Vo'K diesen mißt der 
Eine mit einer feurigen Stange das Feld, ein Anderer haut mit einer 
Pickelhaue in den Boden, ein Dritter schöpft mit einer Schaü'^^ Erde 
heraus, ein Vierter trägt einen Markstein und ein Fünfter hßs§ 23^^
	        
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