Full text: Handbuch der Vaterlandskunde

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Eberhard der Jüngere. 
1447 — 1498. 
Wie oben S. 165 erzählt wurde, geschah es im Jahr 1441 zum ersten 
Mal, daß die württembergischen Besitzungen getheilt wurden unter die 
beiden Brüder Ludwig!, und Ulrich V., und daß nun jeder seinen Antheil 
besonders verwaltete. Ludwigs!. Sohn war der uachmals berühmte Eber¬ 
hard der Aeltere, genannt »im Bart"; Eberhard der Jüngere dagegen 
war der erstgebvrne Sohn des Grafen Ulrich V., des Vielgeliebten, 
und im Jahr 1447 geboren. — Um demselben die für seine einstige 
Bestimmung erforderliche Bildung zu geben, schickte ihn Ulrich mit 
einem französischen Hofmeister an den glanzvollen Hof des Herzogs 
Philipp von Burgund, wo er längere Zeit zubrachte. — Die Früchte 
dieser ausländischen Erziehung reisten bald in einem ausgelassenen, 
alle Baude der Ordnung und Zucht wegwerfenden Leben. Wenig 
mochte es frommen, daß man dem Prinzen, um den bisherigen Un¬ 
ordnungen seines Lebens ein Ziel zu setzen, in Elisabeth, der Tochter 
des Markgrafen Albrecht von Brandenburg, eine tugendhafte Ge¬ 
mahlin zur Seite gab, denn es stand nicht lange an, so trennte er 
sich wieder von derselben. 
Welch' großes Leidwesen Eberhard auf solche Weise dem nur 
allzunachsichtigen Vater auch bereitete, — dieser behandelte den Sohn 
dennoch mit möglichster Schonung. Ja, um sein rohes Wesen zu 
mildern, ließ er sich selbst herbei, dem Sohne Antheil an der Re¬ 
gierung zu geben. Aber Milde bessert nicht immer: je mehr Ulrich 
dem Sohne einräumte, desto mehr steigerten sich des Letzteren An¬ 
sprüche, und er spielte bald ganz die Rolle eines regierenden Herrn 
mit solch' enormem Aufwand, daß z. B. — um nur Eines anzu¬ 
führen — der Marstall 700 Pferde zählte. Nebenbei gestattete er 
sich die willkührlichsten Eingriffe in die Landesverwaltung, beleidigte 
in seinem Uebermuth die nachbarlichen Städte und Herren und machte 
dem bedrängten Vater Zumuthungen, die alles Gefühl der kindlichen 
Pflichten verlängneten. 
Was mochte es jetzt mehr wirken, wenn der Vater die lieb¬ 
reichsten Ermahnungen gab? Eberhard achtete ihrer nicht. „Wo 
lebt", so sckrieb Ulrich einst voll Wehmuth, „wo lebt oder ist der 
Herr auf dem Erdreich, der seine Söhne ehrlicher und löblicher 
gehalten hätte in all' ihrem Wesen, wo sie allweg gewesen sind, und 
ich sie hingeschickt, und ihnen ihren Willen gethan habe? Das
	        
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