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verrichtete das Amt eines Erz kämm er ers. Der Herzog von 
Franken trug das Essen auf; er war Erztruchseß. Der Herzog 
von Schwaben schenkte den Wein ein; er machte den Mundschenk. 
Der Herzog von Baiern sorgte als Erz marschall für das Hof¬ 
lager. Von jener Zeit an blieb die Verwaltung jener Aemter bei 
der Krönung ein Vorrecht der Wahlfürsten (Kurfürsten), die sie 
aber nachher nicht mehr in eigener Person, sondern durch ihre Ge- 
sandten verrichteten. Die drei Erzbischöfe von Mainz, Köln 
und Trier nahmen das Krönungsrecht in Anspruch. 
Die Deutschen hatten Ursache, sich der getroffenen Wahl zu 
freuen; benit der Geist des großen Vaters schien in verjüngter 
Kraft auf den Sohn übergegangen zu sein. Was jener Großes be¬ 
gonnen hatte, setzte dieser herrlich fort. Unmöglich aber konnte Otto 
ganz in die Spuren seines Vaters treten; denn dieser war kaum 
etwas anderes, als Herzog von Sachsen gewesen. Der königliche 
Name war bei ihm mehr ein äußerlicher Schmuck, als eine bedeu¬ 
tende Vermehrung seiner Macht gewesen. Otto aber konnte sich den 
Herzogen nicht wieder gleich stellen, die sich bei seiner Krönung so 
tief unter ihn gestellt hatten. 
Dadurch wurde die Eifersucht der Großen rege. Sie betrach¬ 
teten die Krone als ein Geschenk, das sie willkürlich zu vergeben 
hätten, und wollten den noch immer als ihres Gleichen ansehen, 
welchem sie von ihnen war überreicht worden. Dazu kam die Ab¬ 
neigung der deutschen Volksstämme gegen einander, unter denen be¬ 
sonders die Franken es schmerzlich fühlten, daß der Königsthron 
bei den von ihnen überwundenen Sachsen aufgeschlagen war. Der 
Geist der Zwietracht und Empörung regte sich überall. Wir seben 
deshalb Otto, wie einst Karl den Großen, fast die ganze Zeit sei¬ 
ner Regierung hindurch auf dem Schlachtfelde. Uebecall war er 
siegreich und schmetterte seine Feinde zu Boden. Er glich einem 
Löwen nicht nur an Kraft, sondern auch an Edelmuth; denn groß- 
müthig verzieh er stets dem Feinde, der seine Gnade anflehete, und 
suchte ihn oft sogar durch Wohlthaten sich zu verbinden. 
Schwere Kämpfe hatte er gegen seine eigenen Verwandten zu 
führen, die sich wiederholt gegen ihn auflehnten. Sein jüngerer 
Bruder Heinrich, der nähere Ansprüche auf den Thron zu haben 
glaubte, faßte zweimal nach einander den boshaften Plan, seinen 
königlichen Bruder zu stürzen; aber beide Male scheiterte er. Statt 
aber nachher seinem Bruder für die großmüthige Verzeihung dank¬ 
bar zu sein, trat er sogar einer Verschwörung bei, die nichts Ge¬ 
ringeres, als die Ermordung Otto's zur Absicht hatte. Allein sie 
wurde entdeckt, die Verschworenen hingerichtet; nur Heinrich ent¬ 
kam. Als nun Otto das Weihnachtsfest in Quedlinburg feierte und 
der nächtlichen Feierlichkeit in der Kirche beiwohnte, warf sich plötz¬ 
lich ein Mann in einem Bußsacke vor ihm nieder. Es war Heinrich,
	        
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