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Karl XI., im April 1697 starb, war er erst 15 Jahre alt. Daher 
verwaltete anfangs seine Großmutter die Regierung. Aber die 
Schweden wollten nicht gern unter der Herrschaft einer Frau stehen 
und übertrugen daher bald dem jungen Karl die Regierung. Er 
war von hohem, schlankem Wüchse, einer natürlichen weißen Ge¬ 
sichtsfarbe, blauen Augen, blonden Haaren, edler verstandesvoller 
Miene, starkem Willen, und fähig, alle Strapazen des Krieges aus- 
zuhalten; er hatte gefällige, zuvorkommende Manieren, eine glückliche 
und angenehme Laune, die ihm selbst in seinem Häuslichen eigen 
war; er sprach wenig, aber gut, richtig und kräftig. Festigkeit, 
Tapferkeit und Gerechtigkeitsliebe waren Hauptzüge seines 
Charakters. 
Zu Karls XII. Zeiten hatte Schweden einen viel größeren Um¬ 
fang, als jetzt; denn Inger mann la nd (wo jetzt Petersburg 
liegt), Ehstland und Lief la nd gehörten damals zu Schweden. 
Darüber waren aber die Nachbarn längst eifersüchtig gewesen und 
hatten nur auf eine Gelegenheit gewartet, über Schweden herzu¬ 
fallen. Jetzt, glaubten sie, sei die Gelegenheit gekommen. Ganz ge¬ 
heim schlossen Peter der Große, August II. von Polen und 
Friedrich IV. von Dänemark einen Bund. Die Dänen brachen 
plötzlich in Holstein ein, welches einem Schwager des Königs von 
Schweden gehörte, während sich August auf Liefland warf. 
Als Karl dies erfuhr, sprach er: »Es ist wunderlich, daß meine 
beiden Vettern Krieg haben wollen. Es mag also darum sein. Wir 
haben eine gerechte Sache; Gott wird uns wohl helfen. Ich will 
die Sache erst mit dem Eineil abthun und hiernächst kann ich alle¬ 
zeit mit dem Andern sprechen.« 
Karl wollte die Sache schnell entscheiden, und darum beschloß 
er, auf Seeland zu landen uní) dem Könige von Dänemark einen 
solchen Schrecken einzujagen, daß er Frieden machen müßte. Mit 
einem ausgesuchteil Heere fuhr Karl selbst über den Suild. Schon 
standen die Däneil am Ufer, ihn zurückzutreiben. Aber ungeachtet 
des Kugelregens sprang er aus dem Schiffe ins Wasser, welches 
ihm bis an die Arme reichte, den Degen in der Hand, und so 
stürmte er gegen die Dänen an, hinter sich seine Soldateil, die die 
Gewehre hoch über dem Wasser empor hielten. Als die Kugeln um 
ihn herumflogen, fragte er seine Begleiter, was das für ein Pfeifen 
wäre. »Sire! Das sind die Flintenkugeln.« — »So?« sagte Karl, 
»das soll künftig ineine Liebliilgsulusik sein!« — Die Feinde ver- 
loren den Muth, solcheii Leuten zu ividerstehen und warfen sich in 
die Flucht. Nun ging es rasch auf Kopenhagen los. Karl hielt die 
schönste Maililszucht; jedes Plündern war bei Todesstrafe verboten. 
Dafür"aber nahmeil ihn die braveil seeländischen Bauern freundlich 
auf. »Gott segne Ew. Majestät,« sprachen sie, »wir wissen wohl,
	        
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